Die Reisebranche in Zeiten von Corona

In den vergangenen Wochen hörte man häufig von vollen Ost – und Nordseestränden, entspannten Urlauben in Venedig oder am Gardasee. Viele mussten ihre bereits gebuchten Urlaube stornieren, doch die meisten scheinen schöne Alternativen für einen Urlaub in Deutschland oder in den angrenzenden EU Staaten gefunden zu haben. Alles gut also? Hier ein paar Zahlen:

In der EU gibt es 2,4 Millionen Unternehmen, die ihr Geld mit dem Tourismus erwirtschaften. Daran hängen 23 Millionen direkte und indirekte Arbeitslätze – wovon 37 % mit Menschen unter 35 Jahren besetzt sind. Stand jetzt geht man von 60-90 %igem Rückgang der Buchungen aus. Die EU ist weltweit führend mit 40% internationalen Besucher*innen. Daher rechnet man mit einem Verlust von 6 Millionen Arbeitsplätzen und massiven finanziellen Einbußen. 

Der Staat und die EU können hierbei nicht alle Arbeitsplätze retten. Die Fluglinie KLM strich bereits 2.000 Arbeitsplätze. Auch Lufthansa, die umfassende Finanzhilfen vom Deutschen Staat erhalten hat, denkt laut über Stellenabbau nach. Aufgrund der vielen Stornierungen und Refunds müssen auch Reisebüros ihre bereits erhaltenen Provisionen zurückzahlen und gehen langsam aber sicher auf die Insolvenz zu. 

Denn eins ist sicher, solange es keinen Impfstoff gibt, wird sich das Reiseverhalten vieler Menschen nicht ändern. Solange nicht klar ist, ob nach der zweiten eine dritte Welle kommt, wann der nächste Lockdown erfolgt und was mein*e Arbeitgeber*in macht, wenn ich aus einem Risikogebiet komme und in Quarantäne muss, werden Menschen ihre Urlaube, wenn überhaupt, spontan buchen. Hat man früher bereits ein Jahr im Voraus den großen Sommerurlaub geplant, so wird man das dieses Jahr nicht tun. Erst mal abwarten.

Selbstverständlich gibt es auch Stimmen, die die aktuellen Entwicklungen in der Reisebranche begrüßen. Ist es nicht schön, dass sich weltweit die Flüge reduziert haben? Ist es nicht gut, dass für mindestens vier Monate der Kreuzfahrtbetrieb stillstand? Könnte durch die aktuelle Situation nicht ein Umdenken der Menschen hin zu nachhaltigem Tourismus erfolgen? Hat man nicht so die Gelegenheit zu entdecken, wie schön Europa oder die Berge nebenan sind? 

All das mag stimmen und wünschenswert sein. Trotzdem ist es nun zunächst an der Politik, Rechtssicherheit für Arbeitnehmer*innen zu schaffen, die zumindest ein Recht auf selbstgewählte Erholung haben. Darüber hinaus muss zumindest versucht werden, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu retten. Hierfür war die Anhebung und Verlängerung des Kurzarbeiter*innengeldes ein wichtiger Schritt.