Wie wir verdeckte Armut bekämpfen und Zugangshürden zu sozialen Leistungen abbauen!

Mitte September war ich mit meiner Kollegin und unserer Fraktionsvorsitzenden Anne Hübner (schaut mal bei ihr vorbei: www.anne-huebner.de) zu Gast bei Lichtblick e.V. in Haidhausen. Wir haben unsere Antragsinitiative zu verdeckter Armut genutzt um unseren Einblick in die Arbeit von Lichtblick zu verschaffen und waren echt begeistert. Mit Hilfe von Spendenmitteln kann Lichtblick bedürftigen Senior*innen schnell und unbürokratisch in Notsituationen helfen. Wenn ein Kühlschrank oder eine Waschmaschine kaputt gegangen ist, wenn der Geldbeutel leer ist und es nichts mehr zum essen gibt oder auch den vielen Dingen, die man im Alten braucht und die nicht mehr von der Krankenkasse übernommen werden: Sehhilfen, Gehhilfen, besondere Nahrungsmittel oder -Ergänzungsmittel und viele mehr.

Die politischen Probleme, die dahinter stehen sind vielfältig… eine subjektive Übersicht:

  1. Viele Senior*innen beantragen nicht die ihnen gesetzlich zustehenden Leistungen.

Dabei gibt es ernstzunehmende Hinweise, dass bis zu zwei Drittel der Senior*innen mit Anspruch auf Grundsicherungsleitungen nach dem SGB XII diese nicht wahrnehmen – ob aus Unkenntnis oder aus Scham. Besonders betroffen davon dürften Frauen sein. Ohnehin hat Altersarmut ein weibliches Gesicht. Trotz der geringeren Renten beantragen Frauen seltener Grundsicherungsleistungen. Mit unserem Antrag fordern wir eine Feldstudie, die die Gründe und mögliche Handlungsoptionen in Erfahrung bringen soll. Es kann nicht sein, dass Senior*innen sich zwei Wochen lang nur von Kartoffeln ernähren, wie es Frau Staltner aus ihren Erfahrungen berichtet hat.

2 .Der unzureichende Regelsatz.

Der Regelsatz für hilfebedürftige Senior*innen, deren i.d.R. Einkommen aus der Rente nicht zum Leben reicht erhalten auf Antrag Hilfen nach dem SGB XII. Der bundesweit gültige Regelsatz von 432€ mtl. Reicht in München niemals aus um das Essen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Von der Stadt München wird er als zusätzliche freiwillige Leistung um das gesetzlich maximal mögliche aufgestockt und beträgt in München momentan 453€ mtl. Das ist immer noch zu wenig. Es ist völlig realitätsfremd, wie man davon Rücklagen für eine neue Waschmaschine bilden soll. Die Münchner SPD fordert seit langem die Berücksichtigung der Kaufkraftunterschiede, also regionalisierte Regelsätze. Ich setze mich auch die Ermöglichung von zusätzlichen Einmalhilfen ein und fordere eine generelle Erhöhung der Regelsätze auf die tatsächlichen Bedarf – das ist ein Geburtsfehler der Regelsatzstruktur, sowohl bei der Grundsicherung im Alter als auch bei der Grundsicherung generell.

3. Die Einschränkungen beim Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen.

In den letzten Jahren und Jahrzehnten wurden immer mehr Leistungen aus dem Katalog der gesetzlichen Versicherungen herausgenommen, vom Zahnersatz, Sonderbedarf in der Ernährung über manche Gehhilfen. Gleichzeitig wurden Zug um Zug auch Eigenbeteiligungen erhöht oder eingeführt, man denke an die unsinnige und bürokratische Praxisgebühr. Beides ist aus sozialpolitischer Sicht nicht tragbar. Die Gesundheitsversorgung muss eine Vollkasko-Versicherung sein, ist aus gutem Grund eine Pflichtversicherung und muss alle Risiken von Krankheiten abdecken. Wirklich besser wird das nur mit der Bürger*innenversicherung – und die wird nur mit einer progressiven Regierungsmehrheit jenseits der Union Wirklichkeit.

4. Die Hürden in der Sozialverwaltung sind immer noch zu hoch.

Wir haben in München die bundesweit vorbildlichen Sozialbürgerhäuser. Das heißt eine regionalisierte, in den Stadtvierteln verankerte Sozialverwaltung, in der pädagogisches- und Verwaltungspersonal aus einer Hand alle sozialen Leistungen ob gesetzlich, freiwillig, beraterisch oder aus dem Leistungsbereich anbietet. Gleichzeitig konnten wir bei Lichtblick auch sehen, was dort noch besser und zugänglicher ist: Es geht um die Entstehung einer Willkommenskultur. Die Sozialbürgerhäuser umzugestalten, den Aufenthalt dort attraktiver zu machen, mit Cafés, niedrigschwelliger Beratung in einfacher Sprache ohne Amtsschimmel, verbesserten Formularen und vor allem: Münchner*innen als Anspruchsberechtigte, nicht als Bittsteller*innen. Dafür benötigen wir auch Fortbildungen für die Mitarbeiter*innen, die in einem schwierigen Umfeld und bei zunehmendem gesellschaftlichen Druck (Reichsbürger, Verschwörungstheorien, Entsolidarisierung…) mehr Handlungsoptionen und mehr Sicherheit brauchen. Während es Vorgaben gibt, mit welcher Farbe Akten nummeriert werden müssen, sind Hilfestellungen für Gespräche und den Abbau von Machtunterschieden (Bürokratie heißt Schreibtischherrschaft) die Ausnahme. Das müssen wir ändern – dazu wird es von mir auch bald weitere politische Initiativen geben!

Weitere Informationen zu Lichtblick findet ihr hier: https://seniorenhilfe-lichtblick.de

Unsere Antragsinitiative zur Bekämpfung verdeckter Armut findet ihr hier: https://spd-rathausmuenchen.de/antraege/?id=540492

Und den Artikel aus der Süddeutschen Zeitung über unseren Besuch findet ihr hier: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-senioren-altersarmut-grundsicherung-1.5038219

Ein Beitrag von Christian