In Corona-Zeiten arbeiten viele Menschen deutlich mehr von zuhause als vorher. Der technische Fortschritt ermöglicht dies uns – und warum sollten wir das Home Office nicht als dauerhaftes Instrument in einer modernen, immer individueller werdenden Arbeitswelt etablieren?
Vorne vorweg: Niemand muss Home Office machen, aber für wen das Büro zuhause eine bessere Alternative als die Arbeit in den Betriebsstätten oder Büros ist, sollte diese Option nutzen können! Dabei ergeben sich Vorteile sowohl für den Betrieb als auch für die Beschäftigten:
Für den Betrieb ist dies ein gutes Mittel, um die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit auch bei sich selbst zu ermöglichen und so mit gutem Beispiel voranzugehen. Diese Flexibilität ist nicht nur für Familien bzw. berufstätigen Müttern wertvoll. Auch aus anderen Gründen, wie z.B. für die Pflege nahestehender Menschen, für Weiterbildungen neben der Arbeit oder einfach um sich die Zeit selber einzuteilen abseits von gewöhnlichen Arbeitszeiten, ist diese Flexibilität sinnvoll für Betriebe. Denn ein Betrieb, der Home Office anbietet, ist für mehr Arbeitnehmer*innen attraktiv und kann so eine größere Belegschaft akquirieren.
Für die Arbeitnehmer*innen liegen die bereits erwähnten Vorteile auf der Hand. Darüber hinaus muss hier der Zeitaspekt deutlich hervorgehoben werden. Die Fahrt (teilweise lange Pendelfahrten) können sich viele Arbeitnehmer*innen sparen, ebenso die Kosten für die Fahrt. Dies ist zudem sozialgerechter, da für viele Niedriglohner*innen Fahrtkosten eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung sind.
Leider lassen viele Tätigkeiten das Arbeiten von zuhause aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zu. Das darf jedoch keine Ausrede dafür sein, von den Beschäftigten ständige Anwesenheit zu verlangen. Wo Home Office möglich – und gewünscht – ist, sollte ein Weg gefunden werden. Die Anwesenheitskultur in den deutschen Unternehmen und Betrieben ist ein Relikt und Zeugnis von veralteter Technik.
Mit solidarischen Grüßen, der sozialistische Engel
Da ist die Coronakrise noch nicht mal ansatzweise überstanden, und schon fordert die Alte Dame SPD in Person des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil das Recht auf Home Office. Was soll das überhaupt sein, ein Recht auf Home Office? Und für wen soll das gelten? Hier haben wir es mal wieder mit einem wenig durchdachten Schnellschuss zu tun. Hier mal ein Blick auf die Realitäten.
Ein Recht auf Home Office kann es schon gar nicht aus ganz pragmatischen Gründen geben. Nicht alle Jobs lassen sich von zu Hause aus erledigen. Busfahrer*innen, Erzieher*innen oder Altenpfleger*innen können bei einem Recht auf Home Office nur sarkastisch lachen. Aber, aber! Wird es dann heißen! Wir wollen natürlich nur den Arbeitnehmer*innen das Recht auf Home Office gewähren, bei denen es von der Position her auch Sinn macht. Das hinkt aber auch. Denn warum sollten gerade die Bürohengste ein Recht bekommen, das vielen anderen verwehrt bleiben muss? In vielen Fällen sind das ohnehin schon die Bürger*innen mit besser bezahlten und weniger körperlich belastenden Jobs. Wollen wir wirklich genau diese Arbeitnehmer*innen weiter privilegieren?
Bei einem Recht auf Home Office denke ich auch an verwaiste Büros. Stille auf den Gängen. Und einzelne loyale Mitarbeiter*innen, die einsam zur Kaffeemaschine schlurfen. Warum ich diesen Zustand schlimm finde? Weil es etwas beschreibt, was die SPD eigentlich immer verstanden hätte. Die Arbeitsstätte ist nämlich nicht nur der Ort, an dem ich meine Arbeit verrichte, sondern auch ein Ort des sozialen Miteinanders. Für viele ist es auch der einzige Ort sozialen Miteinanders im Alltag. Für Menschen mit intakten sozialen Netzen mag Home Office ja eine Bereicherung sein. Für Menschen, für die der Job der einzige Grund ist, überhaupt noch mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, sicherlich nicht. Das betrifft insbesondere Menschen mit Depressionen oder ähnlichen Erkrankungen. Leere Büros täten diesen keinen Gefallen. Am Arbeitsplatz treffen Menschen auch meistens am ehesten andere Leute außerhalb ihrer üblichen sozialen Blase. Daher ist der Arbeitsplatz durchaus auch ein Ort der sozialen Vermischung, Diversität und des Meinungsaustausches. Das abzuschwächen oder gar zu eliminieren würde die Bildung von sozialen Echokammern nur weiter verstärken.
Daneben gibt es noch eine ganze Menge pragmatischer Gründe, die gegen ein Recht auf Home Office sprechen. Die Einarbeitung von neuen Mitarbeiter*innen wird schwieriger und langwieriger. Teambuilding wird erschwert. Das gegenseitige Motivieren am Arbeitsplatz ist nur noch eingeschränkt möglich. Zudem müsste die digitale Infrastruktur in Deutschland erstmal massiv ausgebaut werden, um wirklich allen Profitierenden dieses Rechts eine gute Ausübung dieses Rechts zu garantieren. Das dauert.
Die SPD täte gut daran, diese Punkte im Blick zu halten bevor sie sich Hals über Kopf in eine Debatte über ein Recht auf Home Office stürzt. Den Arbeiststätten den Kampf anzusagen ist nicht notwendigerweise im Sinne der Arbeitnehmer*innen. Und das Wohl genau dieser ist doch oberste Priorität der Arbeiter*innenpartei SPD. Oder etwa nicht?
Mit diabolischen Grüßen, der Anwalt des Teufels