Aufstehen gegen Rassismus – BayernSPD und Jusos Bayern gegen Rechts

In Bayern, der Bundesrepublik und ganz Europa ist ein Erstarken rechtsradikaler Organisationen und Parteien zu verzeichnen. Sowohl auf der Straße, als auch in den Parlamenten feiern diese Gruppierungen große Erfolge. Die aktuellen Ergebnisse der Landtagswahlen in Baden- Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz und der Kommunalwahl in Hessen haben uns zwar schockiert, aber weniger überrascht. Zum ersten Mal seit langer Zeit wurden in der BRD mit großer Zustimmung klar rechtsradikale Parteien gewählt. Für uns Jusos kommt dieses Phänomen aber nicht aus dem Nichts, sondern ist ein Ergebnis zahlreicher Faktoren. 

Zum aktuellen Zeitpunkt maßen wir uns nicht an dies in Gänze verstehen und analysieren zu können, doch erscheint es uns wichtig ein paar zentrale Punkte festzuhalten. Davon ausgehend wollen wir eine Initiative der Jusos Bayern und der BayernSPD auf den Weg bringen, um gemeinsam gegen diese Entwicklungen aufzustehen und ihnen entschlossen entgegen zu treten. Die Partei von Otto Wels, Albert Roßhaupters und vielen anderen SozialdemokratInnen und SozialistInnen die gegen Faschismus und rechtsradikale Einstellung gekämpft haben, hat hierbei eine besondere Stellung der wir gerecht werden wollen. 

– Antisemitismus, Rassismus, Homophobie, andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und insbesondere die Ablehnung des Grundrechts auf Asyl sind kein sogenanntes Randproblem dieser Gesellschaft. Empirisch wird das seit Jahren durch die „Mitte“- Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Bielefelder Forschungsgruppe um Heitmeyer dargelegt. 

– Die in der BRD weit verbreitete sogenannten Extremismustheorie verhindert eine zielführende Auseinandersetzung. Diese ist unwissenschaftlich, setzt „links“ und „rechts“ gleich, verharmlost die mörderische Gefährlichkeit rechter Gewalt und verhindert eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit Diskriminierung, Vorurteilen und rechter Gewalt. Präventions- und Interventionsprogramme die auf dieser Extremismustheorie fußen kranken an einer fehlerhaften Analyse und sind zum Scheitern verurteilt. Dass die Extremismustheorie zugleich absolute Leitlinie für die meisten Innenministerien, Polizeiämter und Geheimdienste ist erschwert die Lage noch zusätzlich. Die noch vorhandene Deutungshoheit der Extremismustheorie muss auf allen Ebenen – auch innerhalb der SPD – angegriffen werden. 

– Die Geheimdienste der Bundesrepublik Deutschlands sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Die Inlandsgeheimdienste haben rechte Gewalt über Jahre gedeckt und rechte Strukturen aufgebaut anstatt sie zu bekämpfen. Durch die neonazistische Terrorserie des NSU wurde dies endgültig offenkundig. Durch die versuchte Aufarbeitung und Aufklärung des rechten Terrors in Deutschland durch Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern und dem Prozess in München wird deutlich, dass die Inlandsgeheimdienste sich mit aller Kraft gegen einschneidende Reformen wehren und nicht an einer vollständigen Aufklärung interessiert sind. Auch die Bundesregierung ist im Moment nicht in der Lage oder willens einschneidende Reformen vorzunehmen, vielmehr werden aufgrund der tatsächlichen und gefühlten Bedrohungslage die Kompetenzen und Ressourcen der Geheimdienste noch weiter ausgebaut, während die Kontrolle der Dienste weiterhin unausreichend ist. Daher bleiben wir bei unserer bisherigen Forderung nach Abschaffung der Inlandsgeheimdienste und Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Bedarfs und der Neuausrichtung der bundesdeutschen Sicherheitsarchitektur. 

– Gerade in Bayern wurde das zivilgesellschaftliche und antifaschistische Engagement vieler hier lebender Menschen lange Zeit diffamiert oder sogar kriminalisiert. Die Bündnisarbeit vor Ort ist für die Bekämpfung rechter Einstellungen und Umtrieben von außerordentlicher Bedeutung. 

– Die fragwürdige Annahme die Bundesrepublik Deutschland sei aufgrund ihrer historischen Verantwortung immun gegen ein substantielles Aufkommen neuer rechtsradikaler Parteien hat sich endgültig als Trugschluss erwiesen. Zwar umschiffen AfD und Pegida in den meisten Fällen neonazistische Rhetorik, ihre Programmatik ist jedoch menschenverachtend. Es ist auch unsere Aufgabe dies aufzuzeigen und eine klare Grenze zu ziehen zwischen einem für uns akzeptablen kritischen Diskurs und menschenverachtender rechter Hetze wie von Pegida und AfD. Uns allen sollte mittlerweile klar sein: Ignorieren ist keine Option mehr! Wir brauchen differenzierte Antworten auf die zahlreichen Herausforderungen denen wir gegenüber stehen. 

Die Jusos Bayern stellen fest: 

– Keine Zusammenarbeit mit rechtsradikalen Gruppierungen: Egal auf welcher Ebene, wir lehnen entschieden eine Zusammenarbeit mit der AfD und ähnlichen Kräften ab. Sei es in kommunalen Gremien, oder im Landes- bzw. Bundesparlament. Hierunter fallen explizit auch Koalitionen, Ausschuss- und Fraktionsgemeinschaften. Keine Kooperation mit Pegida, rechten Bürgerwehren und ähnlichen Organisationen. Wir ziehen einen klaren Trennungsstrich zu den reaktionären Feinden der Demokratie. Gemeinsame Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen lehnen wir ab. Den Rechtsradikalen und FaschistInnen bieten wir keine Bühne, menschenverachtende Ideologie werten wir nicht durch falsche Dialogbereitschaft auf. Wer die zentralen Menschenrechte ablehnt bewegt sich für uns außerhalb des Diskussionsrahmens. Hierzu gehört explizit auch das Grundrecht auf Asyl. 

– Ein Ausstieg aus rechtsradikalen Zusammenhängen ist immer zu begrüßen. Für den Umgang mit ausstiegswilligen Personen und Aussteiger*innen mahnen wir jedoch zu einem kritischen Umgang an. Über die Jahre haben sich auf zivilgesellschaftlicher und antifaschistischer Arbeitsebene Kriterien herausgebildet, nach denen ein Ausstieg zu bewerten ist und wann und wie erfolgreich ausgestiegene Personen Teil einer linken, progressiven, antifaschistischen Bewegung werden können. Diese Kriterien sollten wir als Richtschnur für den Umgang mit ausstiegswilligen Personen aus der AfD heranziehen. Eine übereilte Aufnahme in Fraktion und Partei, wie aktuell in Thüringen praktiziert, erachten wir für falsch. 

– Die Extremismustheorie lehnen wir entschieden ab. Es ist explizit Aufgabe der Landtagsfraktion dies gegenüber der Bayerischen Staatsregierung zu verdeutlichen. 

– Keine Kooperation mit der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE). Zum Ausbau der eigenen Deutungshoheit der Extremismustheorie und in harter Konkurrenz zu zivilgesellschaftlichen Initiativen hat die Bayerische Staatsregierung versucht ein Beratungsnetzwerk zu etablieren. Dieses diffamiert jedoch zivilgesellschaftliche Bündnisse und tritt zu diesen in Konkurrenz. Beratung von Kommunen und kommunalen Bündnissen sollte nicht durch staatliche Akteure erfolgen die sich auf die Extremismustheorie stützen. 

– KommunalpolitikerInnen benötigen Informationen und Unterstützung! Die bestehenden Beratungsstrukturen in Bayern sind bis auf wenige Ausnahmen unzureichend und teilweise sogar kontraproduktiv. Wir müssen diese bestehende Lücke füllen. Die GenossInnen vor Ort benötigen Unterstützung und Expertise bei der Bewertung rechter Umtriebe und wie sie differenziert dagegen vorgehen können. Wie gehe ich um mit rechter Hetze bei Bürger*innenversammlungen? Wie verhalte ich mich gegenüber rechten MandatsträgerInnen? Was kann meine Kommune tun wenn eine Immobilie von Rechten genutzt wird oder eine Gaststätte an diese vermietet? 

– BayernSPD und Jusos als treibende Kraft im Kampf gegen Rechts! Schon heute sind SPD- und Juso-Gliederungen zentrale Impulsgeber und tragende Säulen im Kampf gegen Rechts vor Ort. Wir sind in zahlreichen Bündnissen aktiv, organisieren Kundgebungen und Demonstrationen und Widersprechen rechter Hetze. Diese Stärke müssen wir noch ausbauen und die Gliederungen unterstützen die beim Aufbauen der Strukturen vor Ort Hilfe benötigen. 

– Wir Jusos arbeiten als Einzelpersonen oder Gruppen in zahlreichen Bündnissen aktiv mit. Hierin sehen wir einen wichtigen Baustein im Kampf gegen Rechts. Uns ist klar, dass Bündnisarbeit immer auch Kompromissfähigkeit von allen PartnerInnen verlangt. Immer wieder stehen wir jedoch vor der Frage, wie weit wir uns von unserer eigenen Position entfernen wollen um ein möglichst breites Bündnis zu schließen. Schon oft haben wir Bündnisse erlebt, bei denen im Kampf gegen Rechts durch die Hintertür der „Kampf gegen jeden Extremismus“ eingeführt wurde und somit die Extremismustheorie zur Grundlage gemacht wurde. Häufig werden zentrale Positionen abgeschwächt um beispielsweise die örtliche CSU einzubinden. Wir sehen das äußerst kritisch und raten zu einem bewussten Umgang damit. Eine Partei, die auf Landesebene rechte Positionen salonfähig macht, selbst gegen Geflüchtete hetzt und das Grundrecht auf Asyl einschränken möchte ist für uns keine zentrale Partnerin im Kampf gegen Rechts. Wir wollen ein Bündnis mit der CSU oder ähnlichen Gruppierungen nicht grundsätzlich ausschließen, mahnen aber zu einem kritischen Umgang hiermit. 

– Wir lassen uns nicht spalten! Immer wieder gab es in Bayern Kampagnen zur Diskreditierung antifaschistischen Engagements. Neben der Antifaschistischen Informations- Dokumentations- und Archivstelle München e.V. (aida), der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der AntifaschstInnen (VVN/BdA) sind davon auch immer wieder kleine antifaschistische Gruppen und Bündnisse betroffen. Die Jusos Bayern und auch die BayernSPD haben sich dagegen immer klar und entschieden positioniert. Wir entscheiden selber aktiv darüber mit wem wir wie zusammenarbeiten. Wir überprüfen selbstkritisch mit wem wir Bündnisse eingehen, aber lassen uns die Zusammenarbeit mit antifaschistischen Initiativen nicht von Seiten der Bayerischen Staatsregierung verbieten. Um diese Aufgaben stemmen zu können fordern die Jusos Bayern die Einrichtung einer Arbeitsgruppe gegen Rechts innerhalb der BayernSPD. Die Arbeitsgruppe soll zum nächstmöglichen Zeitpunkt, spätestens jedoch nach der Sommerpause, eingesetzt werden und zum ersten Mal tagen. Die Arbeitsgruppe trifft sich mindestens einmal im Quartal an einem gut erreichbaren Ort in Bayern, die Fahrt- und Tagungskosten übernimmt der Landesverband der BayernSPD. 

– Die Arbeitsgruppe setzt sich aus folgenden Personen zusammen: 

Zwei Personen des SPD-Landesvorstands, 

zwei Personen des Juso-Landesvorstands, 

ein/e VertreterIn für jeden SPD-Bezirk 

ein/e VertreterIn für jeden Juso-Bezirk 

die SprecherInnen der SPD-Landtagsfraktion für die Bekämpfung des Rechtsradikalismus, 

VertreterInnen von Endstation.Rechts.Bayern, 

VertreterInnen Bayerisches Seminar für Politik 

– Die Arbeitsgruppe trifft sich mindestens bis zur nächsten Landtagswahl, da hier im Vorfeld ein Schwerpunkt der Arbeit zu erwarten sein wird. 

– Die Arbeitsgruppe erarbeitet ein Konzept, wie die bundesweite Kampagne „Aufstehen gegen Rechts“ im Bundesland Bayern, in den Bezirken und in den Kommunen mit Leben gefüllt werden kann. 

– Die Arbeitsgruppe erarbeitet ein Konzept für ein Fortbildungsseminar in Kooperation mit dem Bayerischen Seminar für Politik zur Schulung von MultiplikatorInnen in Bezirken und Kommunen zum Kampf gegen Rechts und dem lokalen Aufbau von Bündnisstrukturen. 

– Die Arbeitsgruppe erstellt Kampagnenmaterial für die lokalen Gliederungen. 

– Die Arbeitsgruppe erstellt Informationsmaterial in Zusammenarbeit mit Endstation.Rechts.Bayern und aida um über regionale und lokale Schwerpunkte von Rechtsradikalen zu informieren. 

– Eine Einbeziehung lokaler Bündnisse und bekannter Bündnispartner*nnen in dem Bereich ist wünschenswert. Insbesondere soll die Zusammenarbeit mit SJD Die Falken, den Naturfreunden, der AWO, der Alevitischen Jugend, der DIDIF-Jugend und den Gewerkschaftsjugenden verstärkt werden. Die bundesweiten KooperationspartnerInnen des Bündnisses “Aufstehen gegen Rassismus” sollten ebenfalls beachtet werden.