Mindestlöhne für Europa!

Mindestlöhne in Europa sind die Regel. Sie sind notwendig. Sie machen Europa sozialer. Doch es reicht noch nicht. 22 der 28 EU-Länder (Ja, GB gehört immer noch dazu, man höre und staune) haben einen Mindestlohn. Dazu teilen noch sieben Anrainerstaaten der EU die Einsicht, dass Mindestlöhne ein vernünftiges Instrument der Wirtschafts- und Sozialpolitik sind. Folgerichtig ist die Diskussion des ob beim Mindestlohn vorüber. Es geht nur noch darum, den richtigen Mindestlohn zu setzen, auch mit Hinblick auf die europäische Wirtschaft insgesamt. Darum fordert die SPD in ihrem Programm für die Europawahl 2019 einen Rahmen für armutsfeste Mindestlöhne und adäquate Mindeststandards für nationale Grundsicherungssysteme in allen EU-Staaten. 

In Europa ist das Bild der Mindestlöhne ein vielfältiges: in Westeuropa ist Deutschland mittlerweile das Schlusslicht, in Frankreich und den Benelux-Staaten ist der Mindestlohn seit jeher höher und die Briten sind diesen April trotz der Brexit-Wirren an der Bundesrepublik vorbei gezogen. Auf der Insel der Uneinigkeit hält man den Mindestlohn übrigens in Ehren: Er feierte dort am 01. April 20. Geburtstag. Bei unseren Nachbarn in Frankreich und Luxemburg liegt der Lohn für Arbeit nun immer bei mindestens 10,03 bzw. 11,97 Euro pro Stunde, das Fürstentum ist damit auch einsamer Spitzenreiter. Deutschland ist hier nur auf Platz sieben, zumindest gemessen an nominalen Löhnen. Nimmt man allerdings die reale Kaufkraft als Vergleichswert, berücksichtigt also Lebenshaltungskosten etc., dann rückt Deutschland immerhin auf den vierten Platz vor. Doch selbst wenn man die Kaufkraft berücksichtigt sagt das wenig über die “Angemessenheit” des Mindestlohnes aus. Dafür bedienen sich Ökonom*innen wiederum einem anderen Index. Der Kaitz-Index bemisst die Mindestlöhne in Abhängigkeit der jeweiligen nationalen Durchschnitts- bzw. Medianlöhne. Und hier ist Deutschland nur noch Mittelmaß, der Kaitz-Index lag im Jahr 2017 für den Medianlohn bei 47,8 % und beim Durchschnittslohn bei 42,5 %. Bei Werten von unterhalb der 60%-Grenze spricht man von armutsgefährdenden Löhnen. Und diese Werte sind bei vielen unserer Nachbarn ganz ähnlich. Trotz der bisherigen Erfolge was die Durchsetzung des Mindestlohns betrifft hat Europa mit dem Mindestlohn nach wie vor ein Problem: Er ist vielerorts zu niedrig. 

Die Wissenschaft gibt den Weg vor: 60% des Medianlohns braucht der Mindestlohn, um nicht armutsgefährdend zu sein. Diese Zahl hat nun auch schon den Weg in die Münder diverser deutscher Politiker gefunden und die SPD insgesamt forciert die Thematik des Mindestlohns auf europäischer Ebene. Das Wahlprogramm ist davon nur das aktuellste Zeugnis, auch die Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte 2020 will Deutschland nutzen, um für mehr Arbeitsgerechtigkeit in Europa zu sorgen. 

Auch wir Jusos fordern die Schaffung eines europaweiten gesetzlichen Mindestlohns, bei dem anders als in Deutschland nicht eine klare Zahl festgelegt wird, sondern je nach Land ein Spielraum verbleibt, den sogenannten Mindestlohnkorridor. Ziel ist es, dadurch einen schrittweisen, aber auch sichtbaren und spürbaren Weg hin zur Angleichung der Arbeits- und Lohnbedingungen in der Europäischen Union und damit mehr soziale Gerechtigkeit innerhalb der EU zu sichern. 

Wenn in allen Ländern das Einkommen zum Leben reicht, stärkt man dadurch nicht nur die Länder selbst, sondern verhindert Arbeitsmigration, welche ärmere Länder innerhalb der Europäischen Union schwächen kann. Dabei gilt für uns der prinzipielle Gedanke der gleichen Entlohnung für gleich(wertige) Arbeit am gleichen Ort. 

Nur mit der Einführung eines europäischen Mindestlohns ist es selbstverständlich nicht getan, Dieser muss mit einer europaweiten Angleichung und Vernetzung der Sozialversicherungssysteme einhergehen, denn die Bekämpfung von Armut innerhalb der Europäischen Union kann nur auf europäischer Ebene gelöst werden. Zusätzlich würde dieses Vorgehen Europas Volkswirtschaften krisensicherer machen. 

Der Schritt zu einem europäischen Mindestlohnkorridor ist nicht groß – man muss ihn nur wollen. Ob er kommt, das entscheidet sich am 26.Mai. Also an die Wahlurnen! 

Ein Beitrag von Carmen, Klara und Stefan

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