Kampf in Miesbach ums Münchner Trinkwasser

Man hört immer wieder, dass das Trinkwasser in München das Beste der Welt sein soll. 

Die Stadtwerke München (SWM) werben auf ihrer Homepage „Das Münchner Trinkwasser kommt quellfrisch aus dem Voralpenland.“.  Hier steht auch: „Das Münchner Trinkwasser ist ein Naturgeschenk.“. Das hört sich erst mal gut an, aber bereits seit vielen Jahren ist die Hauptquelle, aus der München sein Trinkwasser bezieht, nicht mehr durch die vorgegebenen Standards geschützt. Der notwendige Schutz scheitert vor allem an der CSU und den FW in Miesbach und im Landtag, die den Protest weniger Bauern vor Ort unterstützen.

München bezieht sein Trinkwasser aus drei Quellen. Das Wasser kommt aus dem Mangfalltal, dem Loisachtal und den Münchner Schotterebenen. 80 % des Wassers werden dabei aus drei Brunnen im Mangfalltal gefördert. Die Rechte zur Wassergewinnung bestehen dabei bereits seit 1883 und sind unbefristet gültig. 

Um die Qualität des Trinkwassers zu erhalten, müssen um die Quellen herum Schutzzonen eingerichtet werden – sogenannte Wasserschutzgebiete. Auch im Mangfalltal ist ein solches seit den 1960er Jahren eingerichtet. Laut Wasserhaushaltsgesetz (WHG) müssen bei diesen Zonen die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ eingehalten werden. Diese allgemein anerkannten Regeln sehen drei Schutzzonen vor. In Miesbach gibt es jedoch nur zwei. Selbst die Bayerische Staatsregierung erkennt an, dass das Wasserschutzgebiet um Miesbach nicht mehr den rechtlichen Anforderungen entspricht. Seit 1985 läuft das Ausweisungsverfahren – seitdem ist im Mangfalltal nicht viel passiert.

Nach den aktuellen Plänen soll die Schutzzone II in IIA und IIB aufgeteilt werden und eine dritte Schutzzone errichtet werden. Die einzelnen Schutzzonen unterliegen verschiedenen Auflagen und genau hier entzündet sich der Streit.

Zone I ist eingezäunt und darf nicht betreten werden. 

Zone II (auch engere Schutzzone) dient dem hygienischen Schutz des Trinkwassers. Die Größe der Zone bemisst sich nach der Fließzeit des Wassers. Vom Rand der Zone II bis zur tatsächlichen Wassergewinnung vergehen 50 Tage. Während dieser Zeit sollen humanpathogene Keime durch die Erde aus dem Grundwasser gefiltert werden. Diese Keime kommen vor allem von Gülle und Ausscheidungen von weidenden Nutztieren.

Die noch nicht existierende Zone III dient vor allem dazu, schwer abbaubare chemische und radioaktive Verunreinigungen des Wassers zu verhindern. 

Der Streit in Miesbach dreht sich vor allem um Zone II – bzw. um Zone II A. Nach dem gerade geschilderten Sachverhalt dürften in Zone II A in Zukunft keine Nutztiere mehr weiden. 

Bis jetzt weiden jedoch in der gesamten Zone II Nutztiere. Man könnte also sagen, dass seit Jahren unberechtigterweise in unser Trinkwasser geschissen wird und die rechtlich geforderten hygienischen Standards damit nicht eingehalten werden.  

Von dieser Regelung sind in Zone IIA drei Höfe betroffen. Zwei davon haben die Ausgleichsflächen, die ihnen die Stadt angeboten hat, nicht angenommen. Organisiert sind diese Bauern in der Initiative „Heimatwasser“. Sie fürchten, dass die SWM heimlich plant, in den kommenden Jahren für noch mehr Menschen Wasser zu fördern und sie damit langfristig ruiniert werden. 

Um die Ausweitung und Neuregelung der Schutzzonen zu verhindern, ziehen die Bauern dabei alle Register. Angefangen bei Cartoons die in Umlauf gebracht werden, in denen die Stadt München als alles verschlingende Krake dargestellt wird, bis über Klagen, Befangenheitsanträge, Petitionen und persönliche, öffentliche Diffamierungen (siehe Bild des Artikels). 

Der neuste Eklat im Verfahren bestand darin, dass „Heimatwasser“ beim Bayerischen Landtag eine Petition eingereicht hat, die den Mitarbeiter*innen des Landratsamts Miesbach und auch dem grünen Landrat Wolfgang Rzehak Befangenheit im Verfahren unterstellt. Obwohl der zuständige Umweltausschuss diese Petition nicht annehmen hätte müssen, wurde die trotzdem erfolgte Annahme sogar von der Landtagspräsidentin begrüßt. Die Folge? Mindestens drei ausgetauschte Schriftsätze, mehrere Treffen mit den Mitarbeiter*innen, den Bauern und erneute Prüfungen seitens des Ministeriums. Wie lange dieser skurrile Vorwurf das Verfahren erneut verzögert, ist laut Antwort auf eine Anfrage im Bayerischen Landtag vom umweltpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Florian von Brunn am 19.02.2019 noch nicht absehbar.  

Ihm gelten auch die persönlichen Diffamierungen. Auf einem Plakat am Wegesrand steht gut lesbar für alle die daran vorbeikommen, dass er ein Tatsachenverdreher, ignorant und ein Bauernhasser ist.

Warum sich der Konflikt auch an seiner Person entzündet, liegt nicht nur an den immer wiederkehrenden Anfragen im Landtag zum Stand des Verfahrens, sondern mag auch an folgenden öffentlichen Äußerungen liegen:

„Das ist ein unfassbares bayerisches Staats- und Behördenversagen. Die Ursache dafür sind falsche Rücksichtnahme auf die Interessen einiger Weniger und jahrzehntelange CSU-Amigoklüngelei!“

oder

„Es ist erstaunlich, dass nichts vorangeht, obwohl der Umweltminister der Ausweisung angeblich oberste Priorität zuspricht. Für mich sieht das so aus, als wenn weder der Freie-Wähler-Umweltminister noch der grüne Landrat dieses heiße Eisen vor der Kommunalwahl anpacken wollen. Das werden wir aber nicht zulassen. So kann man mit einem so wichtigen Gut wie dem Trinkwasserschutz für München nicht umgehen!“

Als brisant ist es tatsächlich einzustufen, dass ein grüner Landrat es nicht schafft, die notwendigen Wasserschutzgebiete ausweisen zu lassen und dass das Vorgehen der Staatsregierung nicht vermuten lässt, dass sie dieses Verfahren zugunsten von Millionen Münchner*innen endlich zu einem Abschluss bringen will. 

Fakt ist, dass das Ausweisungsverfahren bereits seit 34 Jahren läuft. Fakt ist, dass die CSU und jetzt auch die Freien Wähler, eher den Bauern zugeneigt sind. Fakt ist, dass den Bauern Ausgleichsflächen angeboten wurden. Fakt ist, dass das Verfahren noch lange nicht vorm Abschluss steht. Fakt ist, dass das Münchner Trinkwasser seit Jahren nicht ausreichend vor Keimen und chemischen Belastungen geschützt ist.

Fakt ist auch, dass vielen in München diese Tatsachen nicht bekannt sind. Wir reden immer noch vom besten Trinkwasser der Welt. Klar, es ist ein bisschen kalkig, aber sonst…Dass die Interessen der konservativen Parteien häufig einigen Wenigen dienen und nicht den Vielen ist nichts neues. Dass es aber nicht verhandelbare Grenzen geben muss, sollte Konsens sein. Diese Grenze ist bei der Gesundheit der Menschen erreicht. In Miesbach, ist diese Grenze schon lange überschritten.

Ein Beitrag von Carmen