In der Kunst und in der Liebe ist alles erlaubt. Sei es nun der Fettfleck in der Ecke oder das Gedicht auf der Bühne. Menschen haben schon Seiten damit gefüllt um darüber zu diskutieren, was Kunst ist und was sie darf. Klar ist, dass Kunst sich immer über den*die Betrachtende*n definiert und es in unserer Natur zu liegen scheint, in den Kunstwerken eine Bedeutung zu suchen. „Dieser Fettfleck in der Ecke, steht er vielleicht für das verdorbene und ranzige in unserer Gesellschaft?“ oder „Die Künstlerin will uns einfach damit sagen, dass sie Pommesbuden liebt!“. Das ist es, was sich jemand, der diesen Fettfleck betrachtet, möglicherweise denkt. Geht Kunst also in der Belanglosigkeit auf und erst wir sind es, die Kunst mit Bedeutung füllen? Ja und Nein.
Politische Kunst gibt es schon immer. Im wahrsten Sinne des Wortes wurde die erste Karikatur in Stein gemeißelt und auf Papyrus gepinselt. Auftragskunst und Widerstandskunst können nicht ohne einander existieren. Was man oft vergisst ist, dass Künstler*innen nicht nur Künstler*innen sind, sondern auch Teil der Gesellschaft. Sie erleben mit, sie spiegeln ihre Erfahrungen oder flüchten vor ihnen. In den letzten Jahren war linke politische Positionierung in der Kunst gerne gesehen. 2017 führten die Münchner Kammerspiele den Roman Mitterreich auf. Eine bayerische Familiensage – besetzt ausschließlich mit schwarzen Schauspieler*innen und Musiker*innen. Der Aufschrei – im positiven Sinne – war groß. „Diese Auseinandersetzung mit dem aufkommenden (sic!) Rassismus – wunderbar!“ „Wie hätte man das Flüchtlingsdrama in der Kunst besser aufgreifen können? Gar nicht!“.
Als sich 2017 die Polizeiklasse an der Münchner Kunstakademie gründete, sollte sie in den Monaten danach Geschichte schreiben. Noch heute kleben überall die Sticker mit dem einprägsamen Wort „Nein“. Das Installieren von Kameras überall in der Stadt blieb auch nicht wirkungslos. Demonstriert wurde gegen die Ausweitung von Befugnissen der Polizei und dem damit einhergehenden Eingriff in unsere Grundrechte. Auch der Zusammenschluss von Kunst – und Kulturschaffenden im deutschlandweiten Bündnis „die Vielen“ sorgte dafür, dass München in Rettungsdecken gehüllt wurde, um an die Ertrinkenden im Mittelmeer zu erinnern. Und das Zentrum für Politische Schönheit kennt wohl inzwischen auch jede*r.
Nicht zu vergessen ist auch das Kabarett und die Slam Bühne. Gerade die Slam Szene politisierte sich in den letzten sieben Jahren zusehends und heute kann man auf keinen Poetry Slam mehr gehen, ohne einen Text über Gleichstellung, Antikapitalismus, Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft oder über das gerade brandaktuelle Thema zu hören. Kunst ist also nicht immer, aber oft politisch.
Wenn nicht die Kunst politisch ist, wer ist es dann? Künstler*innen stellen aus, stehen tagtäglich vor vielen Menschen auf der Bühne. Liegt es da nicht in ihrer Verantwortung genau das zu sein? Sind sie nicht Superspreader eines politischen Geistes? Ist nicht auch alle Kunst politisch, denn frei im Sinne von Rosa Luxemburg ist das unpolitische nicht auch politisch?
Wie sehr Kunst und Künstler*innen die Gesellschaft beeinflussen können sieht man immer dann, wenn es mit der selbstbestimmten Kunst in einem Land bergab geht. Dann gibt es entartete Kunst, dann werden Bücher verbrannt, dann werden Kunstgelder nur noch von einem gewissen Gremium an gewisse Künstler*innen verteilt. Dass die Kunstfreiheit bei uns im Grundgesetz verankert ist heißt nicht, dass sie auch für immer frei ist.
Schon jetzt versucht die AFD sich in Parlamenten in den Kunstausschuss zu setzen. Stellt Anträge, um Budgets zu kürzen und versucht die Ernennung von Intendant*innen zu verhindern. Genau dieses Gebaren sollte uns aber auch die Frage stellen lassen, wie frei Kunst eigentlich sein kann in einem Land, in dem die großen Theater staatlich finanziert sind, in der Intendant*innen von Parlamenten ernannt werden, in dem fast alle Künstler*innen auf staatliche Förderung angewiesen sind. Muss man die Verteilung der Gelder überdenken?
Eins ist klar, solange die Kunstfreiheit weitestmöglich gewahrt ist, so gehört es definitiv zur Verantwortung der Kunst – und Kulturszene uns immer wieder den Spiegel vorzuhalten, sich zu positionieren und Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen. Kunst bildet – genau das ist es, was sich die Sozialdemokratie wünscht und erhofft.