Die Bewältigung der Klimakrise ist DIE existenzielle und soziale Herausforderung des 21. Jahrhunderts
Mit rasanter Geschwindigkeit liefert die Klimawissenschaft neue Hinweise darauf, wie kritisch es tatsächlich um unseren Planeten bestellt ist. In diesem Sommer könnten bereits die ersten Kipppunkte des Klimasystems überschritten sein. Die Klimakrise zerstört bereits heute die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen, zwingt sie zur Flucht und stellt eine unmittelbare Gefahr für den Frieden dar. Besonders problematisch ist, dass gerade diejenigen am stärksten unter der Klimakrise leiden, die historisch am wenigsten Treibhausgasemissionen zu verantworten haben, insbesondere in den Ländern des globalen Südens. Die Klimakrise ist eine Gerechtigkeitskrise und global gesehen die entscheidende soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Nicht zuletzt, auch das muss benannt werden, ist die Klimakrise ohne jeden Zweifel Ergebnis eines eklatanten Versagens unseres Wirtschaftssystems.
Man darf nicht vergessen, dass die bisherige Handlungsunfähigkeit zu großen Teilen dem Umstand geschuldet ist, dass mächtige Interessen hinter dem fossilen System stehen und jeden Fortschritt, der technisch längst möglich wäre, aufhalten und bekämpfen. Nur wenn sich die demokratischen Mehrheiten entschieden gegen diese Einzelinteressen stellen, wird die Klimakrise zu lösen sein. Aber was bedeutet das jetzt vor Ort in München?
Der Bürgerentscheid „Raus aus der Steinkohle“
Bereits bevor die Klimakrise durch die FridaysForFuture-Bewegung deutlich an Öffentlichkeit gewonnen hat, haben sich in München zahlreiche politische und zivilgesellschaftliche Gruppen mit dem Bürger*innenbegehren „Raus aus der Steinkohle“ für eine vorzeitige Stilllegung des Steinkohleblocks im HKW Nord (Nord 2) bis Ende 2022 stark gemacht. Im Bürger*innenentscheid 2017 sprachen sich schließlich etwa 120.000 Bürger*innen (60 % der abgegebenen Stimmen) für die Forderung des Bündnisses aus. Hätte die Abstimmung 2019 stattgefunden – daran bestehen keine Zweifel – wären die Wahlbeteiligung weitaus höher und das Ergebnis noch viel deutlicher ausgefallen. Der Grund für diese Annahme ist klar: die Stilllegung des Steinkohlekraftwerks wird gemeinhin mit einer deutlichen Emissionseinsparung in Verbindung gebracht. Aber ist das so?
Das Paradoxe: Bei einem konsequenten Kohleausstieg auf Bundesebene kann der vorübergehende Weiterbetrieb von Nord 2 aus Klimaschutzsicht sinnvoll sein
Die einleitenden Worte zur Klimakrise und ihren schon heute dramatischen Folgen lassen eigentlich nur eine Schlussfolgerung zu: Wir müssen alle Register ziehen! Da jedoch weder München noch der Rest der industrialisierten Welt in den vergangenen Jahren ihren Energieverbrauch nennenswert reduziert haben, werden wir die fossilen Energien nicht von heute auf morgen ersetzen können. Auch FridaysForFuture erkennen mit ihrer Forderung nach einem bundesdeutschen Kohleausstieg bis 2030 an, dass dieser Kohleausstieg noch rund 10 Jahre dauern wird. Sollte Nord 2 bereits Ende 2022 außer Betrieb genommen werden, dürften zu diesem Zeitpunkt noch eine ganze Reihe deutlich klimaschädlichere Kohlekraftwerke am Netz sein. Wie sicher ist dann überhaupt, dass wirklich Emissionen eingespart werden?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir einen Blick auf die Mechanismen werfen, die den Einsatz der fossilen Kraftwerke bestimmen. Anders als die Produktion erneuerbarer Energien, die dank des Einspeisevorrangs mit wenigen Ausnahmen immer vorrangig ins Netz einspeisen, stehen fossile Kraftwerke im Wettbewerb zueinander. Deshalb werden mit wenigen Ausnahmen zuerst diejenigen Kraftwerke betrieben, die am günstigsten Strom erzeugen können. Lange Zeit herrschte die paradoxe Situation, dass die klimaschädlichsten Kraftwerke (Braunkohle) am meisten und die klimafreundlichsten Kraftwerke (Gas) am wenigsten liefen. Durch den Anstieg der Preise für CO2-Zertifikate in den letzten Monaten (25-30 €/t) ändert sich das glücklicherweise langsam.
Bei einem weiteren Anstieg der CO2-Preise werden Steinkohlekraftwerke vorübergehend (!) unwirtschaftlich, weil dann sowohl Gas- als auch Braunkohlekraftwerke günstiger produzieren. Doch ab einem CO2-Preis von ca. 40 €/t gewinnen die Steinkohlekraftwerke nach und nach ihre Wirtschaftlichkeit wieder zurück, indem sie Braunkohlekraftwerke verdrängen. Ab etwa 60 €/t wird ein Zustand erreicht, an dem die Einsatzreihenfolge der fossilen Kraftwerke weitestgehend deren Klimafreundlichkeit entspricht, also Gas vor Steinkohle vor Braunkohle. Das Hauptargument für eine vorzeitige Stilllegung von Nord 2 war stets, dass dann die Auslastung der klimafreundlicheren Gaskraftwerke ansteige. Gerade in Bayern dürften nach dem Aus der beiden letzten Atomkraftwerke nach 2022 die Gaskraftwerke jedoch ohnehin deutlich stärker ausgelastet sein. Zusätzlich wird Bayern zu Spitzenzeiten rund ein Drittel seines Strombedarfs importieren müssen. Da die bundesweiten Gaskraftwerke jedoch nicht ausreichen, sowohl die AKW als auch sämtliche Kohlekraftwerke zu ersetzen, werden bis 2030 auch bei hohen CO2-Preisen noch Kohlekraftwerke laufen müssen. Aber welche?
Das hängt maßgeblich von der Höhe der CO2-Zertifikatspreise ab. Liegen diese über 40 €/t würde der vorübergehende Weiterbetrieb von Nord 2 tendenziell Produktion in ineffizienteren Stein- oder Braunkohlekraftwerken verdrängen und wäre aus Klimaschutzsicht vorteilhaft. Liegen sie im Bereich zwischen den aktuell knapp 30 €/t und 40 €/t, würde die gekoppelte Strom- und Fernwärmeproduktion ohnehin marktgetrieben ins HKW Süd verlagert werden, so dass Nord 2 auch ohne politische Stilllegung wegen Unwirtschaftlichkeit nicht oder nur kaum liefe. Lediglich bei wieder deutlich fallenden CO2-Preisen, könnte die Stilllegung eine höhere Auslastung der Gaskraftwerke bewirken, die marktwirtschaftlich nicht zustande käme. Aber gerade der letztgenannte Fall wäre im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele fatal und muss unbedingt vermieden werden.
Das Dilemma ist also folgendes: Je besser der bundesweite Kohleausstieg umgesetzt und durch steigende CO2-Preise flankiert wird, desto nachteiliger könnte sich die Festlegung auf eine Stilllegung von Nord 2 künftig aus Klimaschutzsicht erweisen. Dabei ist zu erwähnen, dass dieser Zusammenhang in früheren Studien des Öko-Instituts zum Ausstieg aus Nord 2 nicht berücksichtigt wurde, weswegen auch die dort genannten Klimaschutzeffekte nicht korrekt sind.
Cui bono? Warum man einen kommunalen Betrieb nicht benachteiligen sollte
Die oben beschriebenen Zusammenhänge sind komplex, aber sie lassen sich nicht einfach so von der Hand weisen. Solange der tatsächliche Klimaschutzeffekt nicht gewährleistet ist, sollte man nicht versuchen, ein dysfunktionales Marktsystem durch dezentrale Einzelmaßnahmen zu korrigieren. Dem Klima ist es egal, wo Emissionen entstehen und wo sie eingespart werden. Aber in der Gesamtbetrachtung der Energiewende macht es sehr wohl einen Unterschied wer (also welches Unternehmen) mit dem Betrieb (noch benötigter) fossiler Kraftwerke Geld verdient und wie dieses Geld verwendet wird. Zwei Beispiele. Das größere und ineffizientere Steinkohlekraftwerk Zolling bei Freising wurde erst dieses Frühjahr von der US-amerikanischen Investmentgesellschaft Riverstone zusammen mit vier weiteren Steinkohlekraftwerken in Europa erworben. Riverstone ist ein klassischer Finanzinvestor und keinesfalls ein Unternehmen, welches langfristige Interessen am Gelingen der Energiewende hat. Sollten, worauf Riverstone zweifelsohne spekuliert, mit dem Kraftwerk weiterhin Gewinne zu erzielen sein (für diesen Fall wäre wohl auch Nord 2 wirtschaftlich), dürften diese vollständig an die Investoren ins Ausland abfließen. Kein Cent für die deutsche Energiewende oder die Landeshauptstadt. LEAG, der zweitgrößte Betreiber von Braunkohlekraftwerken, befindet sich im Besitz der tschechischen Holding EPH, die wiederum in großen Teilen dem Oligarchen Daniel Křetínský gehört. Auch hier vermutlich wenig langfristige Interessen für die deutsche Energiewende.
Der bundesweite Kohleausstieg ist unverzichtbar! Sowohl bei steigenden CO2-Preisen, als auch bei einer ordnungsrechtlichen Stilllegung von Kohlekraftwerken nach Effizienz und Netzsituation, kann der Weiterbetrieb von Nord 2 bis etwa 2027 aus Klimasicht sinnvoll sein. Es wäre töricht, wenn München mit seinen 100 % städtischen SWM noch vor einer bundesweiten Lösung freiwillig anderen Akteuren das Feld überlässt und ohne sichergestellten Klimaschutzeffekt potenziell auf Einnahmen verzichtet, die unmittelbar der Energiewende bzw. München zu Gute kommen könnten.
Genauso wie es abzulehnen ist, die politische Verantwortung für die Bewältigung der Klimakrise durch Diskussionen über das Konsumverhalten einzelner auf die private Ebene abzuschieben, ist es abzulehnen, die systematische Umsetzung eines effizienten und gerechten Kohleausstiegs von der Bundesebene auf einzelne Kommunen oder Stadtwerke herunterzubrechen.
Dennoch mit gutem Beispiel vorangehen
Natürlich ist die Politik in der Verantwortung, das Ergebnis des Bürger*innenentscheids zu respektieren. Dabei sollte es aber im Wesentlichen darum gehen, die Intention des Bürger*innenentscheids – einen großen zusätzlichen Klimaschutzbeitrag – bestmöglich umzusetzen. Solange das bezogen auf eine Stilllegung von Nord 2 wegen der unklaren Lage auf Bundesebene nicht gewährleistet werden kann, sollten andere Lösungen gefunden werden. Das könnte etwa die Selbstverpflichtung sein, der Fernwärmeproduktion im HKW Süd Vorrang zu geben vor der Produktion in Nord 2, den Ausbau der Geothermie und der erneuerbaren Energien insgesamt zu beschleunigen oder eine Speicherstrategie zu starten, um mehr sauberen Strom in München zu nutzen. Nicht zuletzt sollte sich München auf Bundesebene für einen klaren Fahrplan beim Kohleausstieg und einen steigenden CO2-Mindestpreis von zu Beginn mindestens 40 €/t in der Energiewirtschaft stark machen.
Mit diabolischen Grüßen – Anwalt des Teufels
Wieso das Ende der Kohleverbrennung in München lieber heute als morgen eingeleitet werden sollte
Der Streit um die Abschaltung des Kohleblocks im Heizkraftwerk Nord (HKW Nord 2) der Stadtwerke München (SWM) ist nicht neu. Schon bei den Koalitionsgesprächen nach der Kommunalwahlwahl 2014 war es Thema und auch einer der Gründe weswegen wir uns mit einer Schwarz-Roten Regierung abfinden mussten. Nicht zuletzt war es der Bürger*innenentscheid „Raus aus der Steinkohle“ Ende 2017, der das Thema auf die politische Agenda gesetzt hat.
Zwei Jahre später, in Zeiten der erstarkenden Klimagerechtigkeitsbewegung, wird wieder hitzig über das Ende der Steinkohleblocks diskutiert. Im Rathaus ergaben sich überraschende Wendungen. Zunächst aber sollen die Argumente sprechen, wieso es richtig ist dem Willen der Münchner*innen zu folgen und die Kohleverbrennung im HKW Nord spätestens 2022 einzustellen. Aus Respekt vor der Demokratie. Wegen der Notwendigkeit in Sachen Klimaschutz zu handeln. Wegen der technischen Möglichkeiten. Und sogar im Sinne der Belegschaft der SWM.
Demokratie respektieren. Den Willen der Bürger*innen umsetzen!
Der Bürgerentscheid wurde mit einer Mehrheit von 60% der abstimmenden Münchner*innen angenommen. Es könnte jedoch der erste erfolgreiche Bürgerentscheid Münchens sein, der nicht umgesetzt wird. Dies wäre ein fatales Signal und würde die Politikverdrossenheit der Menschen befeuern. Dies muss dringend verhindert werden, da zu befürchten bleibt, dass ansonsten auch bei zukünftigen Bürgerentscheiden ähnlich gehandelt werden könnte.
Die Stadtregierung und die SWM verschanzen sich hinter dem juristischen Begriff der „Stilllegung“, wie er im Bürgerentscheid gefordert wurde. Voraussichtlich wird die Bundesnetzagentur eine Stilllegung untersagen, jedoch untersagt sie nicht, dass die Kohleverbrennung auf 0 gestellt wird. Gespräche dazu mit den Initiator*innen des Bürgerentscheids hätten schon lange stattfinden können, um den Willen der Bürger*innen bestmöglich umzusetzen. Ähnliches geschah im Zuge des Volksbegehrens Artenvielfalt.
Die Klimakrise duldet keinen Aufschub. Es ist 5 nach 12!
Dürresommer, Hitzerekorde, Naturkatastrophen, Klimaflucht. Die Folgen der Klimakrise sind nicht mehr zu übersehen. Klimaschutz ist vor allem eine soziale Frage. Es sind schon jetzt die Ärmsten, vor allem die Menschen im globalen Süden, die unter der Klimakrise am meisten leiden. Die, die am wenigsten zur Krise beigetragen haben.
Die Wissenschaft warnt seit Jahrzehnten davor, gehandelt wurde trotzdem nicht. Mit dem Paris-Abkommen haben sich zumindest alle Länder auf das 1,5°C Ziel geeinigt. Nur die USA unter Trump ist mittlerweile aus dem Abkommen ausgetreten. Die unabhängige Wissenschaft ist sich einig, dass bei einer Erwärmung von über 1,5°C sich der Klimawandel verselbstständigen wird. Wenn wir weltweit im selben Tempo weiter CO2 emittieren, dann werden wir in weniger als 9 Jahren das 1,5°C-Ziel verfehlt haben.
Die Zeit der Reden ist vorbei, es muss gehandelt werden. Gerade der globale Norden, gerade eine Stadt wie München muss hier als Vorreiter vorangehen. Das Ende der Kohleverbrennung, die etwa 17% der CO-Emissionen Münchens verursacht, ist dabei der einfachste und wichtigste Schritt. Dies macht auch die SWM Studie aus 2016 deutlich: „Wie bereits in der Studie aus dem Jahr 2015 ermittelt, führt eine vorzeitige Stilllegung des HKW Nord 2 zu einer deutlichen Reduktion der CO2-Emissionen in der Stromerzeugung.“
Behauptungen, dass der Steinkohleblock so modern und deswegen praktisch sauber wäre oder dass eine Abschaltung des HKW Nord 2 eine Laufzeitverlängerung von dreckigeren Braunkohlemeilern nach sich ziehen würde, sind grob irreführend. Ein Kohlekraftwerk kann noch so modern sein. Aus chemischen und physikalischen Gründen wird es immer zu viel CO2 emittieren,, in etwa doppelt so viel wie ein Gaskraftwerk. Dazu würde das HKW Nord 2 nicht durch die schmutzigen Braunkohlemeiler des Rheinlands oder der Lausitz ersetzt werden. Dies ist technisch gar nicht möglich. Ersetzen wird den Kohleblock hauptsächlich das HKW Süd, ein Gas- und Dampfkraftwerk im Besitz der SWM, das aktuell weniger als 40% ausgelastet wird.
„Eine vorzeitige Stilllegung des Kraftwerksblocks, beispielsweise im Jahr 2020, wäre jedoch grundsätzlich möglich.“ (SWM Studie 2016).
Es gibt zwei relevante Seiten bezüglich der technischen Machbarkeit der Abschaltung des HKW Nord 2. Zum einen die Netzstabilität, also die Gewährleistung einer sicheren Stromversorgung. Zum anderen die Wärmeversorgung. Die Stromversorgung Münchens ist auch ohne das HKW Nord 2 gesichert, wie die zweieinhalbmonatige Revision im letzten Jahr gezeigt hat. Das hochmoderne Gaskraftwerk Irsching bei Ingolstadt, dass etwa viermal so viel Strom wie das HKW Nord 2 erzeugen kann, wurde dabei im ganzen letzten Jahr nicht hochgefahren und dient zusätzlich als Netzreserve. Nur im absoluten Ausnahmefall, wenn mehrere Kraftwerke in Süddeutschland ausfallen, müsste man den Kraftwerksblock kurzfristig mit Gas hochfahren.
Für die Wärme besteht tatsächlich eine Lücke, jedoch nur, wenn es Außentemperaturen von -16°C gibt und gleichzeitig mehrere Turbinen des HKW Süd ausfallen. Dieser Extremfall ist jedoch in den letzten 10 Jahren nicht annähernd eingetreten. Sollte es doch so passieren, kann der Kraftwerksblock kurzfristig für die Überbrückung der Lücke hochgefahren werden. Darüber hinaus ist es wesentlich, die Wende in der Wärmeversorgung auf Erneuerbare Energien und somit den Ausbau der Geothermie zu beschleunigen.
Beschäftige
Wichtig ist, dass die Beschäftigten im HKW Nord 2 keine sozialen und wirtschaftlichen Nachteile durch die Abschaltung erleiden werden. Dafür muss die Stadt bzw. die SWM alle Maßnahmen ergreifen. Wir sprechen dabei von etwa 250 Beschäftigten. Wie der technische Geschäftsführer der SWM Helge-Uve Braun in der Ausschusssitzung deutlich gemacht hat, hat die SWM aber schon jetzt das Problem Fachkräfte zu finden. Gleichzeitig verlassen junge Ingenieure die SWM, weil sie keine Perspektive sehen und bei anderen Arbeitgebern in München mehr verdienen. Mit dem Fokus auf eine dezentrale Energiewende, mit Technologien wie Geothermie oder Power-to-Gas wird die SWM viele gute Arbeitskräfte benötigen, wie z.B. die Beschäftigten des HKW Nord 2.
Die Rolle der SWM – Den Bock nicht zum Gärtner machen!
Mehrfach ist in der Debatte um das HKW Nord 2 aufgefallen, dass die SWM Behauptungen aufstellt und Zahlen verwendet, die nicht nachvollziehbar sind. So nutzen sie noch immer das Argument, dass Greenpeace eine Abschaltung des Kohleblocks erst nach 2025 befürwortet, obwohl diese sich zuvor schon mit einer Stellungnahme gegen diese Behauptung gewehrt haben: „Greenpeace unterstützt daher ausdrücklich den 2017 mit eindeutiger Mehrheit errungenen Bürgerentscheid, den Kohlekraftwerksblock München Nord 2 bis spätestens 2022 abzuschalten.“
München hat das Glück im 100%igen Besitz seiner Energieversorgung zu sein. Der Stadtrat hat die demokratische Kontrolle über die SWM und muss nicht im Sinne des Marktes handeln. Wir müssen in München nicht darauf warten, dass die Bundesregierung eine CO2-Steuer einführt oder einen halbwegs sinnvollen Kohleausstieg durchsetzt, sondern können selbst im Sinne des Klimaschutzes handeln! Die SWM können ein wahrer Vorreiter des Klimaschutzes werden, wenn sie nicht nur die fossilen Kraftwerke abschaltet, sondern in Vorleistung geht und in wichtige Zukunftstechnologien investiert, die für eine erfolgreiche Energiewende unerlässlich sind. Dabei ist es wichtig, dass die Zahlen der SWM auch kritisch hinterfragt werden können. Wenn die Expertise dazu im Stadtrat nicht vorhanden ist, sollte man stattdessen auf unabhängiges Fachwissen zurückgreifen.
Der Druck der Straße wirkt!
Es ist deswegen sehr positiv zu bewerten, dass es im Rathaus eine überraschende Wende gegeben hat. Zunächst hat am 16. Juli die Stadtregierung im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft ein Ende der Kohleverbrennung in München für frühestens 2028 in Aussicht gestellt und einen Kohleminderungspfad vorgeschlagen, der seinen Namen nicht wert ist. Nur eine Woche später gab es dann von Seiten der regierenden Parteien einen überraschenden Schwenk in der Vollversammlung. Mit einer Eil-Aktion des Umweltinstitut München mit mehr als 7.000 Unterschriften, durch Aktionen von Extinction Rebellion und Fossil Free München vor der Vollversammlung und durch die Munich for Future Demo mit über 11.000 Menschen wurde noch einmal Druck auf die SPD und die CSU erzeugt.
Dadurch bewegten sich diese schlussendlich doch noch. Mit einem Änderungsantrag wurde der Beschluss aus dem Ausschuss nur eine Woche später komplett obsolet gemacht. Nun wird ein unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben, „um zu klären, wie die Intention des Bürgerentscheids – maximale Reduzierung der CO2 Emissionen aus dem Kohleblock des Kraftwerk Nord – bestmöglich umgesetzt werden kann.“ Dieses soll schon bis Oktober vorliegen. Somit wird es noch vor der Kommunalwahl zu einer endgültigen Entscheidung kommen.
Konsequent im Sinne des Klimaschutzes handeln! Sozial ökologische Transformation einleiten
Die Abschaltung des HKW Nord 2 ist also aus verschiedenen Gründen sinnvoll und machbar. Das Ende der Kohlekraft in München ist nur ein kleiner, aber ein wichtiger Schritt, der gegangen werden muss, um die Klimakrise zu bewältigen. Größere Kämpfe werden folgen müssen, da konsequenter Umweltschutz mit der Wachstumslogik im Kapitalismus unvereinbar ist. Das Geschäftsmodell der großen Energie- und Rohstoffkonzerne basiert auf der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Sie sind es, die die Klimakrise hauptsächlich zu verantworten haben und ihre Profite auf Kosten der Umwelt machen. RWE, E.ON und Co. müssen dazu wieder zurück in die öffentliche Hand, wo sie noch bis zur Liberalisierung des Energiemarktes in den 80ern und 90ern waren. Diese Auseinandersetzungen können nur gewonnen werden, wenn auch auf kommunaler Ebene konsequent im Sinne des Klimaschutzes gehandelt wird.
Antifaschistische Grüße – der sozialistische Engel