Der Parasit, er kommt, sucht sich seinen Wirt und nistet sich in ihm ein. Wer ist eigentlich der Parasit und wer ist der Wirt? Diese scheinbar so einfache und doch verwirrende Frage stellt Jakob mit seinem PENTHAUS À LA PARASIT. Denn ist jetzt der Eigentümer oder der Mieter ein Parasit? Jakob hat es auf die Dächer der deutschen Großstädte verschlagen, um diese Frage zu stellen. Hierbei setzt er auf ein kompaktes, modular aufbaubares Haus, welches er auf den Dächern anderer Gebäude aufbaut. Zurzeit befindet sich sein PENTHAUS auf dem Dach eines Parkhauses gegenüber dem Schauspielhaus.
Dem Berliner ist es bei der Standortswahl wahrscheinlich nicht schwer gefallen München als ergiebigen Standort für sein Parasitentum herauszusuchen. München ist 2020 mit 17,76 Euro/qm wieder einmal einsamer Spitzenreiter beim Mietpreisspiegel unter den deutschen Städten. Doch auf den ersten Blick scheint das niemanden zu stören, meinen die beiden Aktivist*innen vom PENTHAUS. Während in Berlin, wo das PENTHAUS angefangen hat, die Mietpreisbremse durch den Senat geht und Mieter*inneninitiativen wie Pilze aus dem Boden sprießen geht es in München eher gemütlich zu. Hier kennt sich anscheinend jede*r und die Mühlen mahlen langsam, berichten die Organisator*innen vom PENTHAUS, als sie sich bei der Suche nach Unterstützung für ihr Projekt in der politischen Szene umgehört haben.
Jede*r schimpft zwar über die hohen Mietpreise, aber keiner geht auf die Barrikaden. Man hat sich mit der Problematik abgefunden, so scheint es den beiden. Auf den ersten Blick scheint dies so. Hin und wieder taucht das Thema in den Münchener Gazeten auf, die Münchner*innen regen sich auf und blättern weiter. Vielleicht braucht es aber nur eine Initialzündung, einen Impuls, der den Menschen klar macht, dass die Münchener Mietpreise nicht normal sind und man sie auch nicht hinnehmen muss. Denn auch das Grundgesetz findet in Artikel 14 klare Worte, wofür Eigentum verwendet werden soll: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll dem Wohl der Allgemeinheit dienen“ und das ist bei den Mietpreisen in München fraglich. Das PENTHAUS sieht sich aber nicht nur als Parasit, der sich auf gentrifizierten Flächen festsetzt und diese zerstört oder umwandelt. Es sieht auch die anderen Eigenschaften eines Parasiten nämlich die, in friedlicher Koexistenz mit seinem Wirt zu leben und diesen zu inspirieren, ohne dabei zu zerstören. Das Penthaus stellt in formvollendeter Spiegelsprache die Frage des Eigentums über den Dächern der Städte. Es soll anregen, inspirieren und zum Umdenken verleiten. Interessant hierbei ist auch, dass das Büro der Besitzer des Parkhauses, welches bald in eine Bürokomplex mit teuren Wohnungen verwandelt wird, schräg gegenüber des PENTHAUS À LA PARASIT liegt. Vielleicht wirkt der allmorgendliche Blick inspirierend auf die Eigentümer*innen und ist der Anfang einer kleinen Revolution in der schönen Stadt an der Isar. Gebrauchen könnte sie es, bei dem ganzen „Mia san Mia“ Geplapper und den unsäglichen Wahlkampfslogan von Kristina Frank „Wieder München werden“. Wenn wieder München werden heißt, es soll endlich bezahlbar für alle werden ist die CSU mit ihrer Politik weit davon entfernt.
München ist eine einzigartige Stadt und es sind die Menschen, die sie dazu machen. Dieses verrückte Gemisch aus Schickeria, Yuppies, Niederbayern, Kroaten, Türken, Russen, Schwaben und all die anderen die hier ihre Heimat haben. 40 % der Münchner*innen haben einen Migrationshintergrund und das macht diese Stadt aus. Doch wenn eine bestimmte Bevölkerungsschicht der Stadt sich diese nicht mehr leisten können verliert die Stadt ihren Charakter. Es geht nicht nur um Wohnraum, sondern auch um Einzelhändler*innen oder Handwerker*innen die in den Hinterhöfen ihre Betriebe haben und denen die Preise mehr als zu schaffen machen. Denn es sind doch grade diese kleinen Geschäfte, Cafes und Restaurants die eine Stadt einzigartig machen.
So ist das PENTHAUS À LA PARASIT doch ein erfrischender Aufruf eine alte neue Diskussion wieder mit Leben zu erfüllen und mal Nägeln mit Köpfen in Sachen Mietpolitik zu machen.
Zum Projekt: https://penthaus-a-la-parasit.de/
von Lennart Schmidt mit Bildern von Martin Valdés-Stauber