Am 10.04.2018 haben wir auf unserer Unterbezirkskonferenz nach einer längeren Debatte folgenden einstimmigen Beschluss zur Erneuerung der SPD München gefasst. Für uns ist Erneuerung nicht nur ein Schlagwort sondern muss an konkreten Forderungen festgemacht werden. Nur wenn aus Beschlüssen auch Konsequenzen für das Handeln unserer Partei entsteht, wird Erneuerung und nur damit auch wieder Erfolg für die SPD möglich sein. Verbesserungsvorschläge müssen auf allen Ebenen der Partei zu entwickelt und umgesetzt werden.
Beschluss der Unterbezirkskonferenz der Jusos München vom 10.04.2018
Unsere Forderungen: SPD München erneuern – immer noch notwendiger denn je!
Als Jusos in der SPD fordern wir die Erneuerung der SPD. Diese Forderung gilt es nicht nur zu erheben, sondern auch zu füllen. Als Jusos wollen wir Konsequenzen ziehen aus der verlorenen Bundestagswahl vom 24.09.2017, die mit einem katastrophalen Wahlergebnis endete (20,5% für unsere Partei, deutlicher Rechtsruck mit Einzug der AfD in den Bundestag, Verlust einer rechnerischen linken Mehrheit). Die Diskussion um Konsequenzen und Erneuerungsansätze wurde in der Folge (wie von Einigen von uns bereits mehrfach erlebt) breit auf allen Ebenen andiskutiert. Nach dem Scheitern von Jamaika wurde sich jedoch zusehends nur noch mit der Frage GroKo oder NoGroKo beschäftigt. Die Mehrheit der Mitglieder hat sich, wohl auch weil für einige GenossInnen proklamierte Unsicherheit für den Fall einer Ablehnung der Regierungsbeteiligung der SPD zu groß erschien, für den Regierungsbeitritt entschieden. Dabei wurde aber von großen Teilen der Partei, unabhängig ob sie für oder gegen die Groko gestimmt haben, der Wunsch nach grundlegenden Veränderung lauf. Aus dieser Debatte lernen wir als Verband zuvorderst drei Dinge:
1) Die politische Linke in der SPD ist zwar vielstimmig; aber auch unorganisiert
Umso näher an vermeintlicher Macht, umso mehr duckten sich vermeintliche VertreterInnen der politischen Linken in der SPD in der Debatte weg und fast niemand außer uns Jusos ergriff Partei gegen die GroKo. Mitgliedschaft in Vorstandsgremien oder Fraktionen scheint in unserer Partei die Tendenz mit sich zu bringen, dass die Gremien und ihre Mitglieder stromlinienförmig werden. In diesen Gremien scheinen kritische Diskussion oder Meinungspluralismus kaum vorzukommen. Tatsächliche Macht und Einfluß auf die Meinungsbildung in unserer Partei ist damit nur bei wenigen Einzelnen. Einige Einzelpersonen stellten sich mit uns Jusos gegen die neuerliche GroKo, dennoch gelingt es auch ihnen seit Jahren oder Jahrzehnten nicht, die politische Linke in der SPD hinter sich zu versammeln oder ein koordiniertes Auftreten auf Parteitagen an den Tag zu legen. Diese Zersplitterung sehen wir auf allen Ebenen.
Für München stellt sich die Situation ähnlich dar. Die von der Parteiführung durchgeführte Veranstaltung beinhaltete keine dringend notwendige Generaldebatte und wurde mit einem über eine halbe Stunde umfassenden Vortrag einer Staatssekretärin begonnen, die deutlich für die GroKo plädierte. Danach wurde eine Diskussion im Plenum vermieden indem rein über die Inhalte des Koalitionsvertrages in Gruppen gesprochen wurde. Ebenfalls war es nicht einmal möglich einen Kontrapart bei unserer Veranstaltung mit Kevin Kühnert zu finden, der die von nahezu allen ParteifunktionärInnen der SPD München oder ihren MandatsträgerInnen oder KandidatInnen stillschweigend vertretene Pro-GroKo-Position besetzen wollte. Es spricht Bände, dass in unserer Partei es für manche nicht mehr möglich oder gewollt zu sein scheint, überhaupt das zu tun, was politisches Engagement zuallererst bedeuten müsste: Position zu beziehen und für diese zu streiten. Stattdessen versteckt man sich hinter vermeintlicher Neutralität, in dem parteiöffentlich im ungefähren lässt, wofür man steht.
Die Debatte macht uns Jusos zur einzigen Kraft in der Partei, die glaubwürdig einen anderen Weg als das mehrheitliche „Weiter so“ des Parteivorstands einschlagen will und auch durchsetzen kann. Dies bringt Verantwortung mit sich und macht unsere Rolle und Aufgabe in den nächsten Monaten und Jahren klar. In München werden wir diese Rolle annehmen und sie ausfüllen. Es hat sich gezeigt: Die SPD München triff zwar durchaus auf Ihren Parteitagen immer wieder durchaus linke, progressive Beschlüsse und diskutiert diese auch entsprechend in ihren Gremien, es fehlt ihr dann an der nötigen Konsequenz diese Entscheidungen, auch in unbequemer Auseinandersetzung mit den eigenen Parteistrukturen und den Fraktionen durchzusetzen und dementsprechend zu handeln. Das gefühlte Selbstverständnis links in der Sozialdemokratie zu sein, trifft nicht mehr zu.
2) Uns Jusos ist es gelungen, dass die Frage des Regierungseintritts der SPD diskutiert wurde – nicht nur in Parteigremien, sondern über Wochen hinweg auch in breiten Teilen der Gesellschaft
Die vielen Neueintritte, die uns Jusos München zu über 1500 Mitgliedern geführt haben, einen Mitgliederstand wie wir ihn über Jahrzehnte nicht hatten, bezeugen es: Unsere Partei wurde durch uns zum Ort einer politischen Diskussion, die eben nicht nur die Partei, sondern weit über diese hinaus die politische Linke und größere Teile der Bevölkerung bewegt hat. Diese Diskussion drehte sich – im Unterschied zum vergangenen Bundestagswahlkampf – um für uns zentrale politische Richtungsentscheidungen unserer Gesellschaft: Wir diskutierten bspw. anhand der befristeten Beschäftigung über Prekarisierungstendenzen unserer Gesellschaft, über ungerechte Vermögensverteilung und Möglichkeiten wie Einkommen und Vermögen gerechter besteuert werden könnten, wie der Klimawandel bekämpft werden kann, wie die ungerechte Zwei-Klassen-Medizin überwunden werden könnte, etc. Das zeigt, dass Debatten über die großen Fragen unserer Zeit nicht nur dringend notwendig sind, sondern auch ein Bedürfnis nach Diskussion und Antworten besteht. Das ist eine große Chance. Dass in der parteiinternen Auseinandersetzung die NoGroKo-Seite diejenige war, die strukturell unterlegen war was Ressourcen und Einflussmöglichkeiten betrifft, steht außer Frage. Dass sie diejenige war, die eben nicht angstgetrieben, statuserhaltend oder machtfixiert agiert hat, genauso. Deswegen: Auf dieser Auseinandersetzung werden wir aufbauen. Wir waren mehr SPD-Mitglieder die Nein sagten zu einer weiteren GroKo als Bündnis 90/Die Grünen und Linkspartei zusammen Mitglieder haben. Das zeigt uns genauso wie die anfängliche Begeisterung um Martin Schulz, der kurzzeitig als personalisiertes Symbol für eine glaubwürdig soziale Gerechtigkeit einfordernde SPD galt – erneut, dass eine linke Sozialdemokratie, die sich der gesellschaftlichen Spaltung in Arm und Reich entgegenstellt, dringender benötigt wird denn je. Gleichsam darf diese linke Sozialdemokratie sich weder eine fruchtlose Debatte ob sie nun zu viel für vermeintlichen Minderheiten getan hat antun, und muss den Rufen nach einer Rückkehr zu vermeintlichen nationalstaatlichen Lösungen entgegenstellen.
3) Erneuerung ist möglich und gewollt
Die Auseinandersetzung um den richtigen Kurs für die SPD wurde beim Mitgliederentscheid verloren, wir verbleiben in einer deutlichen Minderheitenposition in unserer Partei und müssen nun das Handeln der SPD in der GroKo kritisch hinterfragen. Aber es geht um mehr als weiterhin kritische Regierungsjugend der SPD in der GroKo zu sein.
Für eine kurze Zeit zwischen der Bundestagswahl und dem Scheitern von Jamaika gab es für uns Jusos die Hoffnung, dass in der SPD nun wirklich ein Prozess der Erneuerung beginnt. Innerhalb der Partei schien dies zu diesem Zeitpunkt Konsens zu sein, der sich nun aufgrund der erneuten Regierungsbeiteiligung wieder aufzulösen droht. Für uns Jusos ist aber klar, dass wir diese Debatte unbedingt weiterführen müssen – so schwierig das auch sein mag. Wenn wir Jusos die SPD nicht erneuern, kann es gut sein, dass bald nichts mehr von ihr übrig ist. Wir selbst sehen, dass innerhalb von kurzer Zeit viele neue Mitglieder eingetreten sind und wie viel Energie das unserem Verband gibt. Noch mehr als die teilweise tolle Diskussionskultur und positives Feedback auf unser Agieren in den letzten Monaten sprechen diese Entwicklungen für den möglichen Erfolg eines Erneuerungsprozesses. Dennoch kommt ein Erneuerungsprozess nicht von nicht allein, sondern wird vielmehr (wenn überhaupt in einer GroKo möglich), nur in harten Auseinandersetzungen erreicht.
Wir Jusos München wollen zuallererst die Münchner SPD erneuern. Unsere Partei wurde bei der Bundestagswahl nur noch dritte Kraft, steht teilweise ideenlos und wenig bis nicht eigenständig erkennbar in einer Großen Kooperation im Münchner Rathaus, vor einer schwierigen Landtagswahl und vor richtungsweisenden Kommunalwahlen 2020. Auch langjährige Mitglieder sehen sich teils resigniert der Frage gegenüber, wie es mit ihrem Engagement in dieser Partei weitergehen soll. Eine Erneuerung ist strukturell, inhaltlich und personell notwendig und wird nur dann erfolgreich sein können, wenn sie in allen drei Bereichen stattfindet. Mit diesem Beschluss wollen wir skizzieren was unsere Ideen und Vorschläge für eine Erneuerung der SPD München sind.
Erneuerung von Strukturen und Handeln: Entwicklung einer positiven Beteiligungskultur in der SPD München
Unsere Parteistrukturen decken sich nicht mit gesellschaftlichen Entwicklungen in München. In den wenigsten Stadtvierteln gelingt es langfristig erfolgreich sozialdemokratische Politik lokal zu betreiben oder sozialdemokratische Stadtpolitik in der Bevölkerung durchzusetzen. Wir sind teilweise vor Ort kaum präsent und schaffen es mit einer älter und weniger werdenden Mitgliedschaft nicht einen Umkehrprozess einzuleiten, wenn wir keine Veränderungen wagen.
SPD vor Ort
Zentral sind für uns Jusos München im Gegensatz zu manchen Meinungen, die im Rahmen von #spderneuern auch geäußert wurden, nach wie vor die Ortsvereine. Diese sollen für uns Orte der Diskussion und des aktiven Austausches untereinander sein. Wünschenswert wäre, dass die Ortsvereine eine Art Vereinsleben unter ihren Mitglieder herstellen könnten. Leider gelingt das nicht in allen 43 Ortsvereinen – in manchen sind wir davon weit entfernt. Die Ortsvereine sind für uns jedoch nicht altbacken oder überholt, sondern müssen auch durch unser eigenes Engagement verbessert werden. Sie sind die Herzen unserer Partei in München und stellen die zentralen Orte dar, in denen weiterführende Delegiertenmandate vergeben werden und sind damit Ausgangspunkt der politischen Meinungsbildung in der Partei. Dabei ist wichtig, dass wir alle verstehen müssen, dass Diskussionen die SPD zu einer lebendigen und damit auch attraktiven Partei machen. Gerade im Umfeld der GroKo-Debatte zeigte sich für uns umso mehr, dass es hier Verbesserungspotential gibt. Wir wollen in der SPD München auf allen Ebenen eine Kultur installieren, die durch ein solidarisches Miteinander, dass auch unterschiedliche Auffassungen über den besten Weg für die Partei aushalten können muss, geprägt ist und aus inhaltlichen Auseinandersetzungen keine persönlichen Konflikte erzeugt. Insbesondere im Hinblick auf feministische Aspekte oder andere unsere Grundwerte betreffende Themengebiete berichten Neumitglieder bei den Jusos oft von frustrierenden Erlebnissen in den Ortsvereinen. Wir wollen daher als Jusos stärker in den OVen präsent sein und positiv auf die Debattenkultur enwirken. Die SPD muss uns hierbei unterstützen und Bildungsangebote im Bezug auf partizipative Gesprächsführung und Umgang mit Sexismus und Antifeminisums für die Verantwortlichen in den OVen schaffen.
Aber wir brauchen auch Beteiligungsformen jenseits der Ortsvereine. Hier sind Arbeitskreise und Arbeitsgemeinschaften Anlaufstellen, die es – je nach Aktivität – wirksamer und verbindlicher in die Parteiarbeit und Entscheidungsprozesse einzubeziehen gilt. Onlineformate können dabei unterstützen, werden aber niemals persönlichen Kontakt und Diskussion ersetzen. In Ergänzung zur Arbeit der Ortsvereine und der Arbeitskreise wollen wir, dass ausgehend vom Vorstand der SPD München und unabhängig von Wahlkämpfen zur Stärkung der Präsenz unserer Partei in den Stadtvierteln eine Vor-Ort-Kampagne durchgeführt wird, deren Ziel es ist ansprechbar für die Belange der MünchnerInnen vor Ort zu sein und sie in ihren Anliegen erst zu nehmen. Wir wollen nicht informieren und Hochglanzprospekte verteilen, sondern ein echtes Gesprächsangebot machen, gemeinsam das München zu gestalten. Es braucht einen breit angelegten Dialog zwischen MandatsträgerInnen, Mitgliedern und BürgerInnen auf Augenhöhe: An Infoständen auf der Staße. Die Ergebnisse der Gespräche fließen in die Entwicklung unseres Wahlprogramms ein. Vor Ort ansprechbar sein, Anliegen ernst nehmen und aufgreifen und konkrete Verbesserungen umsetzten – das ist, was sich, so auch die Ergebnisse einer Befragung nach der letzten Kommunalwahl, insbesondere NichtwählerInnen von uns erwarten. Wir müssen wieder klar machen, dass wir gemeinsam München politisch gestalten und damit Probleme und Ideen der Menschen vor Ort miteinbeziehen – denn es ist dein München!
Parteistrukturen
Der Vorstand der SPD München ist politisch verantwortlich für die gesamte Partei. Dabei haben wir den Eindruck, dass im Gesamtvorstand nahezu ausschließlich organisatorische Fragen verhandelt werden und fordern ein, dass hier vermehrt inhaltlich diskutiert und entschieden wird. Wichtig ist es, dass vor der Entscheidungsfindung in diesem Gremium diskutiert und abgestimmt wird und nicht, wie es bisher oft der Fall ist, und erst im Nachgang der Gesamtvorstand befasst wird. Ebenso ist der Vorstand – gerade im Hinblick auf die GroKo in München – verantwortlich für das politische Profil der SPD München. Hier gibt es erheblichen Verbesserungsbedarf. Die SPD München ist in dieser GroKo kaum als eigenständige Kraft erkennbar (s.u.).
Um Parteitage sowie Parteiräte interessanter und lebendiger für alle Mitglieder zu machen fordern wir, dass die Beratung von Anträgen aus den Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften mindestens die Hälfte der Gesamtdauer der Veranstaltung umfasst. Auf vielen Ebenen werden Parteitage immer mehr zu Veranstaltung, bei denen Personalfragen im Mittelpunkt stehen, bei denen Referate, Berichte, Vorträge oder Bewerbungsreden raumgreifend sind, bis hin zu „Krönungsmessen“ für SpitzenkandidatInnen. Das ist zum Glück bei der SPD München bislang nicht der Fall. Dennoch wollen wir Parteitage und Parteiräte noch stärker als bislang zum Orte innerparteilicher Diskussion machen. Hierzu fordern wir die Abschaffung der Antragskommission, da diese Debatten in unnötiger Weise vorstrukturiert. Wir wollen, dass über jeden Antrag einzeln abgestimmt wird und nicht bloß über Voten der Kommission abgestimmt wird.
Die gesamte Münchner SPD muss sich mehr als Team, das aus verschiedenen Personen, die gemeinsam für gute Politik eintreten verstehen. Zu viele Personen kämpfen alleine – das beginnt im Wahlkampf und setzt sich in der Arbeit in Gremien und Fraktionen fort. In der Arbeit der Vorstandsgremien müssen wir mehr auf eine projektbezogene, kooperative Arbeitsweise setzen. Es ist auch Aufgabe des Vorstandes darauf zu achten, dass nicht parallel doppelte Arbeit in den Ortsvereinen stattfindet. Das fängt mit der Klausur des Gesamtvorstandes an, wo gemeinsam die zentralen Projekte geplant und vorbereitet werden und geht weiter mit der zentralen Diskussion und Einbindung von interessierten Mitgliedern in die organisatorische wie inhaltliche Vorbereitung und Durchführung der Projekte. Unsere wertvollste Ressource sind die vielen engagierten Genossinnen und Genossen, die es zur Mitarbeit am gemeinsamen Projekt zu gewinnen und zu beteiligen gilt. Zur Unterstützung des Prozesses fordern wir weiterhin ein Tool, welches alle Anträge und Beschlusslagen sammelt, verschlagwortet, zur Stichwortsuche verfügbar macht und den weiteren Weg der Beschlussfassung in den Gremien abbildet (Vertagung, Ablehnung, Annahme, etc.). Durch die große Vielfalt unterschiedlicher Menschen, die auch in unterschiedlichen Themenfeldern und Gebieten beruflich oder ehrenamtlich tätig sind, gibt es viel Know-How das auf organisierten Wegen in die Debatten einbezogen werden muss. Dies erfordert eine verbesserte Transparenz über Diskussionsstände und eine langfristigere Planung und Kommunikation der Vorhaben, um Interessierten die Möglichkeit geben, sich Gedanken zu machen und diese einzubringen. Hierbei kann ein digitales Antrags- und Beschlussmanagement unterstützen.
Zu einem gemeinsamen Auftreten gehört auch, dass die Münchner SPD in Wahlkämpfen einheitlich auftritt, sowohl was die inhaltliche Ausrichtung als auch das CD und die Organisation angeht. Wer für die Münchner SPD kandidiert hat sich an ein gemeinsam abgestimmtes Vorgehen zu halten. Eine Gesamtkampagne wird als Überbau durch die Kampagnen der einzelnen Kandidierenden ausgefüllt oder ergänzt. Dies sorgt auch für eine verbesserte Nutzung vorhandener Ressourcen, da ähnliche Tätigkeiten nicht mehrfach an unterschiedlichen Stellen durchgeführt werden müssen.
Generell gilt es, wie vielfach angemahnt, die Zusammenarbeit zwischen Parteigremien und MandatsträgerInnen bzw. Fraktionen zu verbessern. Passiert ist diesbzgl. wenig. Es braucht ein gemeinsames Verständnis über Diskussionskultur und gegenseitige Einbindung. Dabei sollte die Partei die großen Linien vorgeben, die von den MandatsträgerInnen im politischen Tagesgeschäft übersetzt werden. Beschlüsse der Partei sollten – auch gegenüber RegierungspartnerInnen – konsequent vertreten und umgesetzt werden.
Auch perspektivisch sind wir alle auf hauptamtliche Unterstütztung angewiesen. Unser ehrenamtliches Engagement für die SPD braucht hauptamtliche Unterstütztung. Finanz-Engpässe in der Partei dürfen nicht dazu führen, dass noch weiter beim Personal ausgedünnt wird.
Erneuerung von Inhalten: Antworten finden auf die drängendsten Zukunftsfragen Münchens
Die Münchner SPD steht am Anfang eines Prozesses zur Erstellung des Kommunalwahlprogramms. Wir Jusos werden diesen maßgeblich mitgestalten. Aber wir wollen, dass unsere Partei auch über sechs Jahreszyklen hinaus denkt. Gerade zu den aus unserer Sicht drei drängenden Fragen zur Zukunft Münchens, gerade vor dem Hintergrund von Münchens nicht durch uns beeinflussbaren Wachstums, haben wir unseres Erachtens weder inhaltlich ausreichende Positionen noch sind für diese theoretische Grundlagen erkennbar:
Erstens müssen wir Antworten geben, wie das trotz aller unserer bisherigen Politik immer dringlicher werdende Wohnungsproblem gelöst werden soll. Wir sehen trotz unserer Politik der vergangenen Jahre und Jahrzehnte Verdrängungsprozesse, einen immer stärker werdenden Druck im Wohnungsmarkt und große Herausforderungen durch Zuzug in eine wirtschaftlich prosperierende Stadt. Auch hier fehlt der SPD eine Vision dafür, wie Wohnen in München in 20 Jahren gestaltet sein soll: Welche Verbesserungen sind für wen über unserer Instrumente denkbar? Wie können wir kommunalpolitisch günstige Mieten dauerhaft erhalten und breite Teile des Wohnungsbestands dauerhaft der Marktlogik entziehen?
Zweitens müssen wir Antworten geben, auf den legitimen Wunsch nach möglichst für alle bezahlbarer und umfassender Mobilität in einer schnell wachsenden Stadt. Diese muss unserer Überzeugung nach öffentlich organisiert, umfassend nach dem Bedarf der Münchner BürgerInnen ausgebaut sowie klimafreundlich und günstig bzw. kostenfrei angeboten werden. Fragen sind etwa die Zukunft von Autoverkehr nicht nur innerhalb des mittleren Rings, die Förderung des Radverkehrs, Vergünstigungen und perspektivisch Kostenfreiheit im ÖPNV sowie dessen Ausbau bei Strecken und Taktung. Eine Vision wie Mobilität in München in 20 Jahren aussehen soll suchen wir vergebens und wollen diese entwickeln. Im Zuge dessen müssen wir unser „verklemmtes“ Verhältnis zur Umwelt- und Klimapolitik endlich überwinden, denn für viele Menschen sind Zukunftsfragen zurecht unweigerlich mit umwelt- und klimapolitischen Fragestellungen verbunden. Diese von vornherein als GrünenwählerInnen abzuschreiben schadet uns nur selbst und negiert, unsere Überzeugung, dass ökologische und soziale Herausforderungen gemeinsam gelöst werden müssen.
Drittens kann niemand leugnen, dass sich durch Prekarisierungstendenzen über atypische Beschäftigungsformen aber auch aufgrund falscher sozialpolitischer Entscheidungen auf Bundesebene inzwischen Ent-Solidarisierungstendenzen in der von uns seit Jahrzehnten regierten Stadt finden. Es gibt BürgerInnen die dauerhaft auf Sozialleistungen angewiesen sind, die sich von Demokratie dauerhaft abgewandt haben, die weder durch Teilhabe an Arbeit noch durch Teilhabe an irgendeiner anderen Form gesellschaftlich eingebunden werden. Diese Menschen leben zumeist in Stadtvierteln, in denen klassischerweise sozialdemokratisch gewählt wurde und heute vermehrt nicht oder AfD gewählt wird. Das zeigt die Sprengkraft auf, der wir kommunalpolitisch etwas entgegensetzen wollen. Eine Debatte über Sicherheit zu führen bringt uns hier in keinster Weise weiter, sondern bedient einzig und allein die Diskurse der politischen Rechten. Für die Menschen Politik zu machen, die sich von der Politik abgewandt haben und zunehmend exkludiert vom gesellschaftlichen Leben in unserer Stadt sind, scheint teilweise unmöglich. Es ist unsere Aufgabe darauf Antworten zu finden.
Wir fordern daher, dass die SPD München einerseits diese Fragen im Kommunalwahlprogramm angeht und andererseits eine Vision für unserer Stadt entwickelt, die über einen Horizont von sechs Jahren hinaus geht. Die SPD hat einiges vorzuweisen, oft gehen Erfolge aber im Klein-Klein im Alltagsgeschäft unter. Wichtig ist es hier, die großen Linien sozialdemokratischer Politik zu zeichnen und auch die kleinen Erfolge einzuordnen. Grundsätzlich müssen wir unsere Erfolge besser verkaufen und eingegangene Kompromisse klarer benennen und darstellen, warum bestimmte Forderungen mit dem Koalitions- oder Kooperationspartner nicht möglich waren. Wir dürfen die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner – und ja, das ist für uns trotz der Kooperation auch die CSU – nicht scheuen und müssen inhaltliche Differenzen klar benennen. Wenn wir den Erfolg beim Azubi-Wohnheim nicht selbst feiern, tut es die CSU. Wenn wir nicht klar benennen, dass die Privatisierung bei den Großmarkthallen oder die Ausweitung der Öffnungszeiten an Sonntagen keine sozialdemokratische Politik ist, wundert es nicht, dass WählerInnen uns dafür abstrafen.
Erneuerung von Personal: Personelle Vielfalt in allen Ämtern und Funktionen abbilden.
Wir Jusos fordern, dass die SPD jünger und weiblicher werden soll. Die SPD ist auch in München weder in Parteigremien noch unter MandatsträgerInnen sonderlich jung. Personalisierung dient in politischen Kontexten auch der potentiellen Ansprache von sozialstrukturell ähnlich gelagerten WählerInnengruppen, hierzu zählt auch das Alter: Junge Menschen wählen eher eine Partei, die auch junges Personal stellt. Bei Jung- bzw. ErstwählerInnen schnitt die SPD bei den vergangenen Wahlen nicht sonderlich gut ab. Auch die SPD München ist mit jungen PolitikerInnen kaum präsent. Die medial relevanten PolitikerInnen sind fast ausnahmslos zwischen 40 und 70. Auch bei der Landtagswahl kandidiert für die SPD München niemand, der nicht diesem Altersspektrum angehört.
Wir Jusos sind der Auffassung, dass das immer wieder angewandte Senioritätsprinzip (Personen, die bereits in Mandaten sind werden praktisch immer erneut wieder auf aussichtsreiche Listenplätze gesetzt, da sie ihr Mandat erhalten sollen) dem Erfordernis entgegensteht, dass in allen Fraktionen eine Mischung aus Erfahrung und frischen Ideen benötigt wird. Umso gilt das bei zahlenmäßig geringer werdenden Mandaten. An der Stadtratsfraktion der SPD München sehen wir das momentan in sehr deutlicher Form – diese Analyse teilen auch andere AkteurInnen in der Partei.
Unsere Partei muss konsequent darauf achten, dass sie von Frauen und Männern gleichermaßen repräsentiert wird. Das beginnt bei Arbeitsaufträgen, Arbeitsgruppen oder Konzeptpapieren und reicht bis hin zu Sprechenden bei Pressekonferenzen oder Kandidaturen. Frauenvernetzung und aktive Förderung von weiblichem Engagement müssen fester Bestandteil der alltäglichen Parteiarbeit sein.
Wir fordern zur personellen Erneuerung der SPD Stadtratsfraktion, dass die SPD München bei der Aufstellung der nächsten Stadtratsliste je Zehnerblock zwei Personen aus dem Kreis der Jusos auf der Stadtratsliste reiht. Das neue Aufstellungsverfahren verschlechtert die Position der großen Arbeitsgemeinschaften, was vor allem zu Lasten der Jusos geht. Dem entgegen zu wirken ist angesichts einer schnell älter werdenden Partei Aufgabe der gesamten SPD München.
Wir Jusos München erkennen an, dass unsere vielfältige Arbeit besser in die SPD hinein getragen werden muss. Als politische Jugendorganisation findet unser Engagement manchmal außerhalb und außer Sicht der SPD statt. Wir wollen gemeinsam mit der SPD für unsere Ziele kämpfen und wollen unser Engagement in der SPD daher verstärken.