Die Jusos München drehen Joints für ein Umdenken im Umgang mit Cannabis und den Anbau von Medizinalhanf in städtischen Gewächshäusern.
Seit März 2017 ist es möglich, Medizinisches Cannabis verschrieben zu bekommen. Doch wie geht es den betroffenen Patient*innen? Einfach easy der*die Apotheker*in als Dealer? Und wo blüht denn nun der Hanf?
Aber zunächst eine historische Einordnung:
Hanf ist eine der ältesten kultivierten Nutzpflanzen der Welt. In China wurde sie bereits vor 10.000 Jahren genutzt. Die Samen sind wohlschmeckend und sehr nahrhaft, die Fasern sind extrem reißfest, zur Herstellung von Seilen und Kleidung und zur Papierherstellung (Gutenberg, Buchdruck) geeignet und die nachgewiesene Nutzung der Blüten als Medizin ist auf das Jahr 2700 v. Chr. datiert.
Es gibt viele Bezeichnungen für Cannabis: Weed, Marijuana, Ganja, Mari-Jane oder Gras – um nur einige Beispiele zu nennen. Gemeint sind damit die getrockneten, gegebenenfalls weiterverarbeiteten Blüten der weiblichen Hanfpflanzen, welche eine hohe Konzentration Cannabinoide enthalten. Diese Blüten werden getrocknet und in den meisten Fällen geraucht. Durch die Verbrennung werden die Cannabinoide freigesetzt und können an die Rezeptoren im menschlichen Körper „andocken“ und führen dadurch zum Erleben eines Rausches. Dieser ist von der Sorte, der Qualität und der Zusammensetzung der Cannabinoide beeinflusst. Die ab Bestehen untersuchten Cannabinoide sind THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). THC ist der psychoaktive Hauptbestandteil. Er beeinflusst den Appetit, das Vergnügen, das Gedächtnis und die Konzentration. CBD wirkt auf die Regulierung der Körpertemperatur und des Schmerzempfindens sowie die Reduktion von Entzündungsreaktionen. Ihm wird ebenso eine anti-psychotische Wirkung zugeschrieben.
Die Definition von Begriffen wie Genuss, Genussmittel und Rauschmittel ist sowohl kulturell als auch weltanschaulich-religiös beeinflusst und differiert in verschiedenen historischen Epochen ebenso wie zwischen verschiedenen sozialen Gruppen und Vereinigungen.
Im Zuge der Prohibition wurde der Begriff „Marijuana“ durch die US-Kampagne zum Verbot von Cannabis in den 1920er- und ’30er-Jahren populär. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Verbreitung von Hanf in Europa. Während für viele Großeltern noch wilde Hanfpflanzen am Wegesrand zum Alltag gehörten, ist die Pflanze weitestgehend aus der Flora verschwunden. Selbst für den Anbau von Nutzhanf gelten strikte Vorgaben. Samen dürfen nicht aus dem Blütenbestand verwendet werden, sondern müssen Jahr für Jahr erworben werden. Der Grund dafür ist, dass Hanfpflanzen, denen die berauschende Wirkung der Cannabionoide abgezüchtet werden, diese nach einigen Generationen wieder erlangen.
Während die Natur also seit vielen Jahrhunderten ein vielfältig einsetzbares Arzneimittel wie Unkraut wachsen lässt, gleichen die tief im öffentlichen Bewusstsein verankerten Ängste und Vorbehalte einem traurig vor sich hin schimmelnden Küchenbasilikum.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist mit der Einrichtung einer Cannabisagentur beauftragt, deren Aufgabe die Steuerung und Kontrolle des Anbaus von Cannabis zu medizinischen Zwecken ist. Die Arbeit dieser Behörde kann man sich ungefähr vorstellen, wie den Output einer Klischee Kiffer-WG: viel heißer Rauch, der sich elegant allen kapitalistischen
Erwartungen an Produktivität widersetzt. Medizinisches Cannabis muss noch immer größtenteils aus Kanada oder den Niederlanden importiert werden.
Für uns ist deswegen klar: München muss mutig voran schreiten in der Sicherung der medikamentösen Versorgung mit medizinischem Cannabis. Der Anbau soll zunächst in einem Modellprojekt in den kommunalen Gewächshäusern sichergestellt werden.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die Sicherstellung der medikamentösen Versorgung ist Bestandteil der Daseinsvorsorge und muss daher zwingend unter staatlicher Obhut stattfinden.
Die Kriminalisierung der betroffenen Patient*innen muss ein Ende haben.
Fun Fact: in keinem Bundesland gibt es so viele registrierte Cannabispatient*innen wie bei uns.
Der Zusammenhang liegt auf der Hand und wird von den Betroffenen bestätigt: die restriktive Drogenpolitik des Freistaates Bayern nötigt Menschen, die in Selbstmedikation bereits vor Jahren herausgefunden haben, dass Cannabis ihr Leben erleichtert, mit bürokratischem Aufwand den beschwerlichen Weg in die Legalität. Die Suche eines*r Ärzt*in, einer Apotheke und dann trotzdem im öffentlichen Raum Angst, von der Polizei kontrolliert und bloßgestellt zu werden. Die kräftezehrende Prozedur mindert die lindernde Wirkung des Cannabis erheblich.
Wir kämpfen deshalb nicht nur für die Versorgungssicherheit von Cannabispatient*innen, sondern auch die Entkriminalisierung des Genussmittels.
Eine restriktive Drogenpolitik verhindert keinen Rausch mit illegalen Substanzen, er macht ihn nur gefährlicher und zwingt Konsument*innen zum Handel auf dem Schwarzmarkt.
In München findet Jahr für Jahr das größte Massenbesäufnis der Welt statt.
Die Vorstellung, dass in nicht all zu ferner Zukunft der süßliche Duft von Cannabis durch den Englischen Garten über den Köpfen der friedlich auf der Wiese chillenden Konsument*innen weht, dass ist doch wirklich ein schönes Kontrastprogramm zu vollgekotzten Alkoholleichen während der Wiesn.