Die Möglichkeiten der demokratischen Mitbestimmung an bayerischen Universitäten und insbesondere an der LMU lassen schon seit langem zu wünschen übrig. Die Studierendenvertretung hat so gut wie keine Mitspracherechte bei universitären Entscheidungen und politische Hochschulgruppen werden systematisch in ihrer Arbeit behindert, in dem ihre Möglichkeiten Wahlwerbung bei Hochschulwahlkämpfen zu betreiben stark eingeschränkt sind und sie für die Nutzung von Hörsälen für Veranstaltungen Raummiete bezahlen müssen. Umso beunruhigender sind die Ereignisse der letzten Wochen, bei denen die Hochschulleitung plötzlich eine sehr tolerante Haltung gegenüber rassistischen, homophoben und christlich-fundamentalistischen Gruppen zeigt und die Rechte der studentischen Vertreter*innen weiter einschränkt.
Begonnen hat diese Entwicklung, als die Campus Alternative (Hochschulgruppe der AfD) einen Antrag auf Akkreditierung im Konvent der Fachschaften der LMU stellte. Eine Akkreditierung bedeutet, dass einer Hochschulgruppe das Recht eingeräumt wird, die Infrastruktur der Studierendenvertretung, wie z.B. Sitzungsräume, Drucker usw. zu nutzen. Beispielsweise besitzen die Juso-Hochschulgruppe oder die DGB-Hochschulgruppe diesen Status. Obwohl es so gut wie nie vorkommt, dass einer Gruppe die Akkreditierung verweigert wird, so ist es doch ein sehr wichtiges Selbstbestimmungsrecht der Studierendenvertretung selbst über die eigenen Ressourcen verfügen zu dürfen und den entsprechenden Antrag einer Hochschulgruppe im Zweifelsfall auch abzulehnen, wenn diese z.B. gegen die Grundsätze, die sich die Studierendenvertretung selbst gegeben hat verstoßen.
Die Campus Alternative ist eine Gruppierung, die der Alternative für Deutschland (AfD) nahe steht. Diese propagiert ein fremdenfeindliches, erzkonservatives, frauenfeindliches und homophobes Weltbild und in ihrem eigenen Internetauftritt versteht sich die Campus Alternative als „Bildungselite […] für Volk und Vaterland“, was auf ein elitär, national-chauvinistisches Verständnis von akademischer Bildung schließen lässt.
Die Studierendenvertretung spricht sich in ihren eigenen Grundsätzen für die Gleichberechtigung aller Menschen, sowie gegen ein elitäres Selbstverständnis der Universität aus. Aus diesem Grund lehnte der Konvent der Fachschaften als oberstes Beschlussgremium der Studierendenvertretung am 20.4.2016 in einer den Akkreditierungsantrag der Campus Alternative einstimmig, bei einer Enthaltung ab. Bei der entsprechenden Sitzung waren einige antifaschistische Aktivist*innen anwesend, deren Ziel es war die Vorstellung des Akkreditierungsantrags durch einen Vertreter der Campus Alternative zu verhindern. Es wurde letztlich ohne Debatte über den Antrag abgestimmt.
Daraufhin beschwerte sich die Campus Alternative in einem offenen Brief beim Präsidenten der LMU Prof. Huber, der diese daraufhin eigenhändig akkreditierte (zusammen mit dem RCDS (CSU Hochschulgruppe), Hochschulgruppe 3% und „Christen an den Hochschulen München“, einer Gruppe, die Homosexualität als Sünde bezeichnet). Er ignorierte damit den klaren Beschluss der Studierendenvertretung. An einer Universität, die in ihrem Lichthof eine Gedenkstätte für die antifaschistische Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ betreibt, die für ihren mutigen Einsatz gegen den Naziterror ermordet wurden, setzt nun also der Präsident die Akkreditierung einer Gruppe durch, die für vieles steht, gegen das die „Weiße Rose“ damals gekämpft hat.
Aus diesem Grund organisierte die linke Hochschulgruppe „Waffen der Kritik“ am 15.6.2016 eine Demo am Geschwister-Scholl-Platz, an der wir uns als Juso-Hochschulgruppe gemeinsam mit einigen hundert Mitstudierenden beteiligten, um vor der Uni gegen den Beschluss der Hochschulleitung zu protestieren. Bei dieser Demo tauchten auch plötzlich einige Personen auf, die eindeutig der rechten Szene zugeordnet werden konnten. Bezeichnend dabei ist, dass die Polizei, die jeden noch so kleinen PEGIDA-Aufmarsch mit einem Großeinsatz schützt, in diesem Fall zunächst nur mit einem Streifenwagen vor Ort war und weitere Kräfte erst nachgeholt wurden, als die rechten Störer bereits von den antifaschistischen Demonstrierenden selbst abgedrängt worden waren.
In der anschließenden Sitzung des Konvents der Fachschaften waren Mitglieder der rechtsradikalen Burschenschaft Danubia, sowie der Identitären Bewegung anwesend. Dies führte zu lautstarkem Protest einiger Gäste worauf die Konventssitzung schließlich vorzeitig abgebrochen werden musste. Der Protest einiger Anwesender richtete sich vor allem auch gegen die Tatsache, dass die Problematik mit der AfD nicht sofort als erstes Thema behandelt wurde. Durch ihr rabiates Auftreten verschreckten sie allerdings einige der Fachschaftsvertreter*innen, die in der politischen Sache eigentlich auf ihrer Seite gestanden wären. Jedoch blieben auch viele Konventsmitglieder, sowie Gäste nach Abbruch der offiziellen Sitzung noch im Raum um über die Situation zu diskutieren.
Es entwickelte sich sehr bald ein konstruktives Gespräch, bei dem schnell ein Konsens unter den Anwesenden darüber herrschte, dass die Situation im Moment untragbar ist und nur in einer gemeinsam geplanten Aktion etwas verändert werden kann. Dazu fand am Dienstag den 21.6. ein Treffen statt, um ein einheitliches Vorgehen zu planen.
Ziel muss es jetzt ganz klar sein alle möglichen Mittel zu nutzen um der AfD den Zutritt an unserer Universität zu verweigern. Aber noch etwas ist in den letzten Wochen so deutlich wie nie geworden. Mit dem kümmerlichen Rest an pseudo-demokratischer Mitbestimmung, den wir in Bayern als Studierende noch haben, werden wir nicht weit kommen. Die Kampagne gegen die AfD muss auch gleichzeitig eine Kampagne für eine weitestgehende Demokratisierung der Hochschule, z.B. in Form einer verfassten Studierendenschaft sein. Nur so können wir es zukünftig verhindern, dass der Uni-Präsident sich über die Beschlüsse des einzig demokratisch legitimierten, uniweiten Studierendengremium hinweg setzt, indem er bestimmt, wem es seine sowieso schon knapp bemessenen Ressourcen zur Verfügung stellt.