Israel und Palästina am Scheideweg. Mal wieder.

Von Milos Vujovic

Die Knesset-Wahlen in Israel sind vorbei. Ganz so eng, wie es die Umfragewerte prophezeiten, ist es dann doch nicht ausgegangen. Benjamin Netanyahus Likud ist mit 30 der insgesamt 120 Sitze in der Knesset deut-lich stärkste Kraft geworden. Das Zionistische Camp unter Führung der Avoda, Israels traditioneller sozialdemokratischer Partei, und der mitte-links orientierten Hatnuah von Ex-Außenministerin Tzipi Livni auf gerade einmal 24 Sitze. Die linkssozialdemokratische Meretz erreicht mit fünf Sitzen ein etwas schlechteres Ergebnis, als bei den letzten Wahlen. Drittstärkste Kraft im traditionell stark zersplitterten Parlament Israels erreicht eine ideologisch bunt zusammengewürfelte Koalition aus arabischen Parteien, die von Kommunisten bis hin zu islamisch-konservativen viele Strömungen abdeckt. Und ganz nebenbei herrscht noch immer Krieg in Syrien und im Irak. Der Einfluss des sog. Islamischen Staates noch immer nicht gebrochen.

Grund genug die aktuelle Lage in der Region zu diskutieren. Kaum jemand eignet sich für dieses Gespräch besser, als Christopher Paesen vom Willy-Brandt-Center in Jerusalem, das sich bereits seit 1997 dem Dialog und der Entwicklung von friedenspolitischen (Bildungs-)Konzepten als reale Handlungsalternativen zur Gewalt durch junge politische und gesellschaftliche Entscheidungsträger aus Deutschland, Israel und Palästina verschrieben hat.

Aus dem regen Austausch während der Telefonkonferenz zwischen den Beteiligten in Deutschland und Israel wird eines schnell klar: es gibt keine einfachen Lösungen. Ebenso wenig, wie der Nahost-Konflikt einfach mal auf die Schnelle gelöst werden kann, ist die Lage nach den Wahlen unkompliziert. Die Knesset ist zersplittert in viele kleine Fraktionen. Selbst Likud und das Zionistische Camp zusammen, sind deutlich von einer absoluten Mehrheit entfernt. Ob diese überhaupt zusammenarbeiten könnten, angesichts sehr deutlicher Unterschiede in den jeweiligen politischen Äußerungen, ist mehr als fraglich. Sozialstaat, Zweistaatenlösung, Siedlungen in den palästinensischen Autonomiegebieten. Auf der anderen Seite ist das nationalreligiöse Lager sogar noch einmal stärker geworden. Könnte also eine neue Likud-geführte Regierung noch weiter nach rechts rücken? Durchaus möglich. Auf der anderen Seite rudert Netanyahu wenige Tage nach seinem Wahlsieg rhetorisch zum Teil deutlich zurück und gibt sich gemäßigter als nur wenige Tage vorher.

Und der Islamische Staat und der Bürgerkrieg in Syrien? Auch wenn nicht unwichtig, so scheint dieser doch eine sehr viel untergeordnetere Rolle zu spielen, als der politisch nicht uninteressierte Mensch aus Mitteleuropa vermuten möchte. Es bleibt festzustellen: ohne das befriedigte Sicherheitsbedürfnis und ein klare Antwort auf die Siedlungsfrage, spielt selbst eine sehr deutliche soziale Schieflage im Land nur die zweite Geige in der politischen Agenda. Dialog und einen Weg für einen dauerhaften Frieden und Koexistenz können auch nicht von außen nach Israel und Palästina getragen werden. Diese müssen von den Akteuren vor Ort gefunden werden. Institutionen wie das Willy-Brandt-Center können aber dazu beitragen, dass Plattformen des Austauschs geschaffen werden und gegenseitiges Verständnis für die jeweiligen Bedürfnisse heranwächst. Diesen Dialog möchten und werden wir als Jusos auch in Zukunft befördern.

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