Interview mit Era zum AK Antifa

Liebe Era, vielen Dank für deine Zeit. Fangen wir mit einer einfachen Frage an: Was ist deine Rolle im AK Antifa und auf welches Vorsitzenden-Modell habt ihr euch geeinigt?

Wir haben uns in der konstituierenden Sitzung Mitte Dezember für das Vorstandsmodell entschieden, dieser wird aus drei Personen gebildet, Max als Vorsitzenden und Daniel und mir als seine Stellvertreter*innen.

Was sind denn für euch dieses Jahr die wichtigsten Ziele im Kampf gegen Rechts?

Als wichtigste Ziele haben wir uns den Kampf gegen Faschisten auf der Straße in Form von Demos etc. auf die Fahne geschrieben, die Aufklärung über rechte und faschistische Bewegungen in der Region und wir wollen ein breiteres Bündnis mit anderen Vereinen, Parteien und Bewegungen schließen. Das soll insbesondere greifen, wenn Pegida München oder zum Beispiel die  „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA) Kundgebungen machen, die hetzerisch, antimuslimisch und antisemitisch sind. Am 24.01. hatte Pegida zusammen mit dem Bündnis Ausländerstopp eine Kundgebung geplant, die direkt an der Synagoge am Sankt-Jakobs-Platz mit der Thematik „Warum Kinder nicht beschnitten werden sollen“ stattfinden sollte. An dem geplanten Tag hat die Pegida München sie allerdings abgesagt (und versuchte diese Kundgebung nun zwei Wochen später erneut anzumelden.) Dazu haben wir eine Gegendemonstration mitorganisiert und versucht, dafür viele verschiedene Gruppen zu mobilisieren, zum Beispiel die evangelische Jugend, die Grüne Jugend, die Israelische Kultusgemeinde, u.vm. (auch die junge Union).

Anmerkung: Die Kundgebung wurde vom KVR schließlich etwa 100m verlegt, immer noch in Sicht- und Hörweite der Synagoge, Sendlinger Straße / Ecke Dultstraße.

Daneben möchten wir aber auch beim Thema Aufklärung einiges an wichtiger Theorie für den Aktivismus vermitteln. Also „Wie melde ich eine Demo an?“, was genau bedeutet Versammlungsrecht, wo sind die Grauzonen? Dazu möchten wir u.a. mit der Jugendorganisation der Gewerkschaft der Polizei zusammenarbeiten.

Mit der Jugendorganisation der GdP? Das ist ein interessanter Bündnispartner an der Stelle.

Wie weit seid ihr da schon?

Gerade im Zusammenhang mit Demonstrationen ist die Polizei als Informationsquelle eine sinnvolle Partnerin. Und die GdP ist, im Gegensatz zur DPolG, auch Teil des DGB. Erste Kontakte bestehen da auch schon, jetzt müssen wir es auch umsetzen.

Darüber hinaus wollen wir auch weitere Informationen über Organisationen gewinnen, wie zum Beispiel Burschenschaften in München, da gibt es nämlich einige fragwürdige. Dann wollen wir auch eine Synagogenführung veranstalten mit unserem Stadtrat Marian Offmann, auch ein Besuch im NS-Dokumentationszentrum steht auf unserer Agenda, ebenso eine Führung durch das KZ in Dachau. Das planen wir gerade und möchten möglichst vieles umsetzen.

Beispielsweise stehen wir auch im Austausch mit einer Rabbinerin und Professorin für jüdische Religionsgeschichte in Israel, mit der wir eine Podiumsdiskussion oder Veranstaltungsreihe zum Thema Antisemitismus veranstalten möchten. Sie lebt zwar in Israel, hat unter anderem aber einen Lehrstuhl in Halle und ist daher öfter in Deutschland.

Was sind denn eure nächsten konkreten Vorhaben?

Als nächstes wollen wir unsere Bündnisse im Kampf gegen Rechts ausbauen. Dafür möchten wir mit vielen Organisationen sprechen: die Jugenden der Kirchen, die alewitische Jugend, Beth Schalom, München ist bunt und viele mehr. Es gibt zwar schon ein linkes Bündnis gegen Antisemitismus in München, wir möchten  aber auch die steigende Islamophobie bekämpfen. Im Rahmen dessen möchten wir einen jüdisch-muslimischen Dialog unterstützen, den es aktuell aber leider unseres Wissens nach nicht gibt.

. Linke Netzwerke sind wichtiger denn je, denn gerade die Rechten und Rechtsextremen sind wahnsinnig gut vernetzt. Da müssen wir gegenhalten.

Allerdings stellt sich natürlich immer die Frage, wie viel wir davon umsetzen können, die nächsten Wochen sind unsere Kräfte ja auch durch die Kommunalwahl beansprucht.

Eins ist aber klar: Sobald irgendwelche Faschos in München zusammenkommen, wird der AK Antifa dagegen mobilisieren.

Gibt es Fälle, wo wir dazu beitragen konnten faschistische Treffen in München zu unterbinden?

Ja! Beim Gründungstreffen des „Germanischen Arbeitervereins“. Die wollten sich im Januar im Schneiderweisse-Bräuhaus im Tal gründen. Quasi in der Tradition des „Nationalsozialistischen deutschen Arbeitervereins“, der auch im Tal gegründet wurde, vor ziemlich genau 100 Jahren im Jahr 1920.

Wie haben die Jusos* darauf reagiert?

Dieses Vorhaben machte die Runde in unseren Netzwerken und mehrere Genoss*innen haben daraufhin im Wirtshaus angerufen und dort klarzumachen, wer sich dort treffen möchte. Wir sind gezielt dagegen vorgegangen, auch die „München ist bunt“-Initiative und viele nicht der Partei zugehörige Antifaschist*innen und haben zudem versucht, über unsere Kanäle die Öffentlichkeit zu informieren.

Wie haben wir davon erfahren?

Ein Bild des Flyers der Veranstaltung ist in den sozialen Medien zirkuliert, dass sich dieser Verein dort gründen und treffen möchte und da der Name verdächtig wirkte und auch die Vorhaben an das NS-Vorbild erinnerten sind wir dagegen vorgegangen.

Am Ende kam ja noch ein Hitlerdouble aus Österreich.

Ja, obwohl der Wirt schnell und entschieden gegen das Treffen vorgegangen ist, nachdem er Bescheid wusste. Er hat die Veranstaltung untersagt, die Leute ausgeladen – allerdings kam der Hitlerdarsteller dennoch. Mit dem Resultat, dass er sofort Hausverbot bekam und die Polizei das durchsetzen musste. Zudem haben Genoss*innen bei der Adresse angerufen, die auf dem Veranstaltungszettel angegeben war, einem Juwelier in der Westenriederstraße. Dieser beteuerte allerdings, mit der Veranstaltung aber nichts zu tun zu haben – „nur die Adresse zur Verfügung gestellt“ – und drohte bei weiteren Anrufen mit rechtlichen Konsequenzen.

Wie stellt ihr euch denn Aufklärungsveranstaltungen in Zukunft vor? Wollt ihr den Fokus zum Beispiel auf rechte Symbolik legen?

Bei rechter Symbolik gibt es so ein breites Spektrum an Zeichen, Zahlenkombinationen und Ausrufen, dass es hier eine ständige Aktualisierung bedarf. Fast jede*r kennt die 88 oder mittlerweile auch die schwarze Sonne, aber da gibt es so viele, die vielleicht sogar juristisch verfolgbar sind, die wir aber nicht kennen Es gibt aber Organisationen, die diese Infos sammeln, da möchten wir perspektivisch einen Vortrag organisieren. Das hängt aber davon ab, welche Bündnisse wir in Zukunft schmieden können, das müssen wir also noch etwas abwarten. Der AK hat im vergangenen Jahr einen Antrag erarbeitet, der die Strafverfolgung bei Rechter Symbolik verschärfen soll, dieser ist seit der JHV auch Beschlusslage der JUSOS München.

Auch im Roten Faden stellen wir ja einige Forderungen für den Antifaschismus, zum Beispiel die Aufstockung und Unterstützung von Institutionen wie FIRM oder BEFORE. Was ist dazu angedacht?

Wir müssen hier die Münchner SPD auch immer wieder daran erinnern, wie wichtig das ist. Genoss*innen wie Florian Ritter im Landtag oder Marian Offmann und Christian Vorländer im Stadtrat engagieren sich in diesem Bereich bereits sehr stark, aber es muss noch viel mehr zielgerichtete Dialoge, Vorhaben und konkretes Vorgehen geben, um das Thema in den Mittelpunkt zu rücken – und dort zu halten. Wir müssen das mehr forcieren und da auch lauter werden.

Habt ihr Forderungen aus dem Roten Faden direkt übernommen für euren Aktivismus dieses Jahr?

Wir haben uns daran orientiert, aber um diese Ziele zu erreichen ist uns eben die Aufstellung eines breiten Bündnisses wichtig. Wir müssen immer wieder zeigen, dass wir mehr sind als die Faschos. Und wenn wir uns Ihnen zusammen entgegenstellen, sind wir das auch.

Wie sieht es da mit der Zusammenarbeit mit der Jungen Union aus?

Ein Problem ist immer, dass viele JUler*innen denken, dass „die Antifa“ eine eigene Organisation ist, eine Art homogene Gruppe. In meinen Augen sind wir aber alle Antifa, wenn wir uns für die Demokratie und gegen die Faschos engagieren. Die JUler interpretieren ihre demokratischen Werte manchmal eben anders als wir. Mit der „Organisation Antifa“, die es in der Form aber eigentlich gar nicht gibt, wollen sie nichts zu tun haben. Daher sind die Unionsleute eher bei Events dabei wie einer Lichterkette, während wir der aktivere und lautere Part beim Antifaschismus und auch auf Demos gegen Nazis und Co. sind.

Ist es nicht gerade jetzt wichtig, die Konservativen beim entschlossenen Kampf gegen den Faschismus abzuholen? Wir sehen doch die rechten Tendenzen innerhalb der Union zum Beispiel in Sachsen-Anhalt. Als bekannt wurde, dass der Kreisvorstand Robert Möritz vor seinem Engagement bei der CDU einschlägige Verbindungen in die rechtsextreme Szene hatte und sogar eine Schwarze Sonne als Tattoo trägt, reagiert die Landes-CDU reflexartig und attackiert die Parteien links von ihr im Landtag, die den Fall aufdeckten. Allen voran die Grünen.

In München können wir solche Tendenzen bislang nicht erkennen, da gibt es höchstens Einzelfälle in ländlicheren Regionen oder Ausreißer in der Jungen Union. Dort gibt es schon Fälle, bei denen z.B. Muslime von lokalen Politiker*innen rassistisch beleidigt werden, gegen antifaschistische Projekte agitiert oder eine Nähe zur sogenannten Alternative gesucht wurde. Rechte Sprache ist leider wieder salonfähiger geworden.

Wollt ihr noch eine Veranstaltung im Rahmen des Kommunalwahlkampfes auf die Beine stellen?

Wir haben uns viel vorgenommen, der AK Antifa ist ja eh immer einer der AKs mit vielen Plänen. Man muss allerdings berücksichtigen, dass wir das ja alles ehrenamtlich machen. Dennoch möchten wir gerne eine Veranstaltung während des Wahlkampfes machen, vielleicht mit der Schickeria und bzw. oder den Löwen gegen Rechts. Wir möchten uns eben mit allen Gruppen der Stadt vernetzen, die auch antifaschistisch unterwegs sind.

Was hat dich zum AK Antifa gebracht?

Antifa ist meine Leidenschaft und Max ist einer der coolsten Antifaschisten, die ich bisher kennenlernen durfte, daher wollte ich mitmachen. Gerade Antisemitismus und Islamophobie sind aufgrund familiärer Hintergründe schon immer sehr wichtige Themen für mich gewesen. Da bin ich auch in der Schule schon immer laut geworden, wenn jemand „Jude“ oder „Ziegenfi****“ als Schimpfwort verwendete.

Liebe Era, vielen Dank für das Interview. Alerta!

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