Beschluss der Jusos zu Drogenkonsumräumen

S5: Aufbau einer Infrastruktur von Drogenkonsumräumen in Bayern

Momentan werden 24 Drogenkonsumräume in 15 Städten und sechs Bundesländern betrieben. Bayern ist nicht dabei.

Durch die Einrichtung von Drogenkonsumräumen, werden kontrollierte Gebrauchsvarianten etabliert, welche bereits als Vorstufe eines Ausstiegsprozess und Beginn einer Stabilisierungsphase gesehen werden können. Diese Prozesse laufen nicht linear und somit ist zu beachten, dass Süchtige in ihnen zumeist empfindlich, fragil und angegriffen agieren, was einen besonderen Umgang – eine besondere Begleitung – zur Folge hat.

Häufig sind die Konsument_innen, meist nach jahrelanger Abhängigkeit, mehrfach geschädigt und können deshalb oft nicht vom Behandlungssystem der Drogenhilfe aufgefangen werden, da sie beispielsweise durch zu unterzeichnende Vereinbarungen, „Cleannachweise“ oder Ähnliches bereits aus dem System gefallen sind oder diese Einrichtungen erst gar nicht aufsuchen. Deshalb ist die Niedrigschwelligkeit von Drogenkonsumräumen unbedingtes Credo, welches keine Zugangsvoraussetzungen an die Inanspruchnahme der angebotenen Hilfsangebote knüpft und eine akzeptierende Drogenarbeit leistet, welche die Besucher_innen in ihrem jeweiligen Zustand aufnimmt, akzeptiert und auf dieser individuellen Stufe/Level mit der Arbeit beginnt. Selbstverständlich stehen diese Angebote nur Konsument_innen von illegalisierten Dorgen offen, jedoch nicht in Begleitung von Kindern oder Haustieren und nur, wenn die Grundregeln eingehalten, folglich rassistische-, sexistische-, oder generelle Gewalt oder deren Androhung vermieden und Handel mit Drogen oder weiteren Waren unterlassen werden.

Die Lebensführung von potentiellen Drogenkonsumraumnutzer_innen kann grob als „schwierig“ bezeichnet werden. So ist der Tagesablauf meist durch die kontinuierlichen Gedanken und Aktionen zur Beschaffung von benötigten Substanzen, die oft polyvalent genutzt werden, geprägt und deshalb leiden die Konsument_innen häufig unter ständiger Überforderung, unzureichend hygienischen Bedingungen, Begleiterkankungen (Hepatitis C, HIV), Verschuldung, kritischer Wohnsituation, rechtlichen Streitigkeiten, schwierigen Familienverhältnissen, psychischen Krisen und Einschränkungen in nahezu jedem Lebensbereich. Hinzu kann noch addiert werden, dass der „Straßenstoff unberechenbar“ ist und dessen Zusammensetzung durchaus als schwankend bezeichnet werden kann, was zu versehentlichen Überdosierungen, Qualitäts- oder sonstigen Fehleinschätzungen führt. Viele dieser Schwierigkeiten können im Drogenkonsumraum, zumindest zeitweilig aufgefangen werden.

Die Arbeit in Drogenkonsumräumen baut auf Beharrlichkeit und kontinuierlicher Betreuungsarbeit auf niederschwelliger Basis auf. Mitarbeiter_innen müssen nicht nur aus dem medizinischen sondern auch verwaltenden Bereich kommen, multiprofessionell agieren und es bedarf kontinuierlicher Schulung in Feldern wie z.B. Deeskalation, Konfliktmanagement, Krisenintervention usw. Neben der medizinischen Versorgung müssen die Nutzer_innen sich menschlich akzeptiert, kulturell angenommen und mit all Ihren Prägungen, unterschiedlichen Sozialisierungs- und Bildungsverläufen, Verhaltensmustern und Bedürfnissen akzeptiert, aufgehoben und gewertschätzt fühlen. Sprachbarrieren sind durch übersetzte Informationsbroschüren und multilinguales Fachpersonal aus zu räumen.

Die Ziele von Drogenkonsumräumen finden sich nicht ausschließlich in der psychischen und physischen Hilfe und der Erhöhung der Überlebenschancen beim Konsum, sondern sollen zur Stabilisierung der kompletten Lebenssituation der Konsument_innen beitragen und die Inan-spruchnahme weiterführender Hilfsangebote unterstützen, einen Begleitprozess zum Ausstieg bieten und die Regeneration einläuten. Neben Akut-und Überlebenshilfen werden auch Mahlzeiten, Wäscheservice und Freizeitangebote geschaffen und „safer“-Beratungen in allen Bereichen durchgeführt. Ebenso kann der Drogenkonsumraum als Postanschrift für Wohnungslose und als genereller „Informationsraum“ genutzt werden. Die Unterstützung in rechtlichen Fragen und die Vermittlung von Therapieplätzen oder Ärzten kann ebenfalls geleistet werden.

Unbedingt notwendig ist die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Institutionen, wobei an dieser Stelle Polizei, politische Organisationen, Kirchen, Schulen und soziale Einrichtungen zu nennen sind. Das Personal der Räume hat einen Aufklärungsauftrag und ist daher angehalten sich an drogen- und sozialpolitischen Veranstaltungen, wie Podiumsdiskussionen, Kongressen, Aktionen usw. zu beteiligen und somit aktiv an Verbesserungen und Innovationendes Drogenhilfesystems mitzuwirken und Akzeptanz zu schaffen.

Die rechtliche Grundlage zur Einrichtung von Drogenkonsumräumen wurde bereits im April 2000 im 3. Betäubungsmitteländerungsgesetz (3. BtmG-ÄndG) und dessen §10a BtMG geschaffen. Darin werden zehn Mindeststandards genannt, welche nicht unterschritten werden dürfen. Es bleibt jedoch der jeweiligen Landesregierung überlassen, ob diese die Einrichtung von Drogenkonsumräumen schaffen will, da sie durch Rechtsverordnung die Voraussetzungen schaffen könnte.

Die Frage nach Substitutionsbehandlung ist an dieser Stelle nicht zu behandeln. Es ist dringend notwendig endlich mit der Einrichtung von Drogenkonsumräumen in Bayern zu beginnen und eine flächendeckende Infrastruktur zu schaffen.

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