Von Milos Vujovic
Der Deutsche Bundestag hat am 01. September 2014 die Lieferung von Waffen in das Krisengebiet Irak beschlossen. Abgesehen davon, dass Mensch den Abgeordneten mangelndes Gespür für Symbolik vorwerfen könnte, birgt diese Entscheidung die Gefahr, einen Präzedenzfall zu schaffen.
Bisher galt offiziell für deutsche Außenpolitik der Grundsatz Waffenlieferungen in Krisengebiete zu unterlassen. Noch dazu, wenn es sich bei den zu beliefernden Kombatanten um nichtstaatliche Akteure handelt. Dieser neue Beschluss ist gleich in zweierlei Hinsicht besorgniserregend.
Zum einen sind die direkten Folgen der Lieferungen in den Irak selbst zu beurteilen. Betrachtet Mensch das zu liefernde Kriegsmaterial, handelt es sich vor allem um automatische Gewehre, Pistolen, Granaten und vergleichbare Mittel. Waffenarten also, die sehr schnell in Zirkulation gebracht werden können, ohne dass deren Verbleib während oder nach Beendigung des Konflikts nachzuvollziehen ist. Eine Weiterverwendung in wie auch immer gearteten möglichen Nachfolgekonflikten ist somit zu keinem Zeitpunkt auszuschließen.
Zum anderen ist die Lieferung von Waffen in ein Krisengebiet eine klare Abkehr von als Praxis proklamierter bundesrepublikanischer Grundsatzpolitik kein Kriegsmaterial in Gebiete militärischer Konflikte zu liefern. Dies schafft einen Präzedenzfall und hat das Potential deutsche Außenpolitik offensiver in Richtung militärischen Eingreifens zu redefinieren. Während ein aktiveres friedens- und sicherheitspolitisches Engagement unter dem Dach der Vereinten Nationen durchaus zu befürworten ist, müssen allerdings als nationalstaatlich definierbare Alleingänge vorliegender Natur abgelehnt werden.
Was der Irak benötigt ist eine klares Friedens- und Wiederaufbaukonzept, das den Vormarsch des sog. Islamischen Staates Einhalt gebietet und eine friedliche Nachkriegsordnung im Irak sicherstellen kann. Hierzu ist die Lieferung weiteren Kriegsmaterials kontraproduktiv. Ein wie durch die aktuelle Praxis angedeuteter möglicher Paradigmenwechsel deutscher Außenpolitik ist daher ein falsches Signal. Eine veritable Alternative mag ein durch die Vereinten Nationen legitimiertes Mandat für einen militärischen Einsatz im Rahmen der Schutzverantwortung als erster Schritt sein. Sicher ist, dass an Stelle der bisher praktizierten eher einzelstaatlich orientierten Handlungsweise, eine multilateral definierte Friedens- und Sicherheitspolitik zu setzen ist. Das Kriegsmaterial wäre bei auf diese Weise denkbaren Einsatzszenarien zumindest in kontrollierbaren und nachvollziehbaren Händen. Kurzfristig bleibt die schnellstmögliche Ausweitung von humanitären Hilfeleistungen jedoch die oberste Priorität.